Greenpeace-Recherchen belegen Überwachung von Amazon-Mitarbeitenden
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In Zeiten der Corona-Krise hat der Online-Handel einen massiven Aufschwung erlebt: Marktführer Amazon verzeichnet Rekordumsätze mit einem Plus von 40 Prozent im Vergleich zum Vorjahr, weil viele Menschen den persönlichen Einkauf im Geschäft meiden. Doch der Siegeszug des Online-Handels belastet nicht nur die Umwelt durch viele Transportvorgänge und durch ein Befeuern des schnellen Konsums, bei dem einfach zurückgeschickt wird, was nicht gefällt.
Greenpeace hat bei bundesweiten Recherchen zu Amazon immer wieder Hinweise darauf erhalten, dass der Online-Riese die Überwachung seiner Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter perfektioniert hat und so einen erheblichen Druck auf die Beschäftigten ausübt. Betriebsräte, ausgeschiedene und aktuelle Mitarbeiter berichten, dass Amazon die Leistung seiner Beschäftigten minutengenau erfasst und so sehr detaillierte Profile erstellen kann. Unterlagen, die Greenpeace vorliegen, bestätigen das. Dies dürfte mit den Datenschutzbestimmungen in Deutschland nicht vereinbar sein, weshalb die Behörden auch schon Prüfverfahren gegen Amazon eingeleitet haben.
Psychologischer Druck auf Angestellte
Die Scanner, mit denen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Logistikzentren von Amazon hantieren, ermöglichen nicht nur eine genaue Erfassung der Ware, sondern auch der individuellen Arbeitsleistung der Person, die diese Geräte bedient. Nach Schilderungen, die Greenpeace von Beschäftigten erhalten hat, setzt der Online-Riese diese Daten ein, um psychologischen Druck auf die Angestellten auszuüben: Bei Leistungsabfall folgt eine Ansprache der betreffenden Person durch Vorgesetzte. So entsteht ein immenser Druck, ständig am Leistungslimit zu arbeiten. Auch haben uns Schilderungen erreicht, dass Amazon die Leistungsprofile heranzieht, um darüber zu entscheiden, welche Verträge verlängert werden und welche nicht.
Greenpeace kümmert sich als Umweltschutzorganisation in erster Linie um Umweltfragen. So haben wir im Dezember 2019 aufgedeckt, dass Amazon völlig intakte Waren von Drittanbietern vernichtet, wenn sie nicht schnell genug verkauft werden – eine skandalöse Verschwendung. Diese Greenpeace-Recherchen haben auch den Druck erhöht, die gesetzlichen Vorgaben zum Ressourcenschutz zu verbessern. Doch wenn uns im Zuge unserer Recherchen Missstände bekannt werden, die außerhalb des Umweltschutzes liegen, können und wollen wir diese nicht ignorieren.
Bei Amazons Geschäftsmodell liegt vieles im Argen
Deshalb hat Greenpeace seine Rechercheergebnisse dem Norddeutschen Rundfunk zugänglich gemacht, unter striktem Schutz derjenigen, die diese Informationen preisgeben. Das ARD-Magazin „Panorama“ berichtet über den Überwachungsskandal bei Amazon am 15. Oktober. Bleibt zu hoffen, dass solche Veröffentlichungen zu Verbesserungen bei Amazon selbst führen, aber auch zu einem Nachdenken bei den Verbraucherinnen und Verbrauchern: Bei Amazons Geschäftsmodell ist vieles im Argen. So bequem die Online-Bestellung auch ist, Beschäftigte und Umwelt zahlen einen Preis!
Autor: Manfred Redelfs / Greenpeace Recherche