Ressourcensparen am Weltrecyclingtag
- Hintergrund
Heute ist der Weltrecyclingtag – eine jährliche Erinnerung, dass es besser ist, Dinge wiederzuverwerten als neu zu produzieren. Nach wie vor ist so ein Gedankenanstoß notwendig: Auch wenn die meisten von uns Altpapier und Pfandglas sortieren, gibt es sehr viel mehr Produkte, die kreislauffähig wären, aber es – noch – nicht sind. Dabei ist Recycling buchstäblich lebensnotwendig für unseren Planeten: Unsere Ressourcen sind endlich – wenn wir nicht anfangen, sie konsequent wieder und wieder zu benutzen, sind sie irgendwann aufgebraucht.
Es gibt dabei einen weiteren Aspekt. Der Angriffskrieg des russischen Präsidenten Wladimir Putin in der Ukraine zeigt gerade brutal auf, dass die europäische Hoffnung “Wandel durch Handel” in Bezug auf Russland gescheitert ist: Die deutschen Milliardengeschäfte mit Öl, Gas und Kohle aus Russland haben nicht zu besseren Beziehungen geführt; sie finanzieren einen völkerrechtswidrigen Überfall auf ein Nachbarland mit und müssen umgehend gestoppt werden. Doch Russland verdient nicht nur am Export von fossilen Brennstoffen, sondern auch Rohstoffen wie Mineralien, Seltenen Erden und (Edel-)Metallen, die etwa in Smartphones und Notebooks verbaut werden.
Was bringt Ressourcensparen?
Können wir uns von Autokratien unabhängiger machen, indem wir klüger mit Ressourcen haushalten – durch Recyclen, Wiederaufbereiten (das sogenannte “Refurbishen”) oder einfach längere Verwendung? Insbesondere brauchen wir Produktdesigns, die Reparaturen überhaupt zulassen. Sicherlich die schlechteste Lösung wäre es, Ausbeutung in einem Land durch die in einem anderen zu tauschen, und ein System aufrechtzuerhalten, das Menschen in lebensgefährlichen Bedingungen arbeiten lässt und Kriege finanziert.
Am Beispiel des Smartphones lässt sich das Einsparpotenzial gut darstellen: Im Durchschnitt wird so ein Mobiltelefon 18 Monate genutzt, bevor es ausgetauscht wird – und oftmals in der Schublade landet. Die Geräte sind aber nach wie vor wertvoll: Man geht von 206 Millionen Altgeräten aus, die alleine in Deutschland ungenutzt herumliegen - bei rund 30 Milligramm pro Gerät wären darin zusammengerechnet alleine 6,18 Tonnen Gold verbaut.
Was würde passieren, wenn weltweit alle Handynutzer:innen ihr Telefon nur ein Jahr länger benutzen würden? Bei 1,535 Milliarden Handys weltweit lässt sich eine Einsparung von 468,2 Tonnen Silber errechnen, die nicht verbaut werden müssten - das entspräche 86,5 Prozent der russischen Silberexporte weltweit. Für Gold beläuft sich der Anteil auf 41,1 Prozent, beim wichtigen Batterie-Rohstoff Kobalt sogar auf 153 Prozent.
Solche Berechnungen lassen sich auch für Notebooks anstellen, auch hier gibt es großes Einsparpotenzial. Umso größer, würden Nutzer:innen bei Mobiltelefonen und Laptops den Kauf um ein Jahr verschieben. Die Einsparung an verbautem Silber würde die russischen Exporte weltweit aufwiegen, das eingesparte Gold entspräche immerhin 61,5 Prozent der globalen Exporte aus Russland.
Der "ökologische Rucksack"
Analog zu virtuellem Wasser und dem CO2-Fußabdruck lässt sich für Geräte wie Handys ein “ökologischer Rucksack” berechnen. Diese Form der Ökobilanz stellt den Verbrauch von Ressourcen – von der Herstellung bis zur Entsorgung – ins Verhältnis zum Gewicht des Produkts: Bei einem etwa 80 Gramm schweren Handy sind das 75,3 Kilogramm – fast das Tausendfache. Durch die längere Verwendung lässt sich dieses “Gewicht” reduzieren; das ist gut für die Umwelt und stärkt die Unabhängigkeit von Exporteuren.
Ein paar Tipps, wie Sie das meiste aus der Lebenszeit Ihres Handys herausholen:
- Wenn es tatsächlich den Geist aufgegeben hat: Plattformen wie Repedia, iFixit oder kaputt.de bieten Anleitungen zum Selbstreparieren an, in vielen Orten bieten Freiwillige regelmäßig Repair-Cafés an. Viele Werkstätten können kleine Reparaturen selbst vornehmen.
- Secondhand heißt bei Elektrogeräten “refurbished”: Viele Anbieter verkaufen unter dem Stichwort wiederaufbereitete Smartphones und Laptops.
- Wenn doch ein neues Smartphone gewünscht ist, das alte es aber noch tut, ist die Schublade die schlechteste Alternative: Entweder Sie geben es selbst zum Refurbishing, verschenken das Gerät oder spenden es an eine gemeinnützige Organisationen wie “Handys für die Umwelt” oder das Nabu-Projekt “Handys für Hummel, Biene und Co.” Die eingesendeten Handys werden geprüft und wenn nötig repariert und dann wieder genutzt. Derzeit sammeln auch viele Organisationen Handys für Geflüchtete.
- Und wenn wirklich gar nichts mehr geht: Handyrecycling bieten die meisten Wertstoffhöfe an, außerdem nehmen Mobilfunkanbieter und Elektromärkte die Geräte zurück.
Doch wie lange Geräte leben liegt nicht allein in der Hand von Nutzer:innen. Teilweise werden Reparaturen durch Hersteller erschwert, die an langen Laufzeiten ihrer Produkte wenig Interesse haben. Doch Menschen haben ein Recht auf Reparatur, das hat sich die Bundesregierung selbst in den Koalitionsvertrag geschrieben. Ein Forderungspapier von Greenpeace und weiteren Umweltschutzverbänden fasst zusammen, welche Anforderungen erfüllt sein müssen, damit dieses Recht gewährleistet ist. Dazu gehört, dass reparaturfreundliche Produktdesigns durch die EU-Ökodesign-Richtlinie für Hersteller verbindlich werden, die Erstellung eines Indexes, der Produkte hinsichtlich ihrer Reparierbarkeit bewertet, sowie Steuererleichterungen und Boni. Die vollständigen Forderungen finden Sie hier.