Umsiedlungen gegen den Bürgerwillen
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In Brandenburg regelt die Landesregierung heute vertraglich mit Vattenfall die Umsiedlungen für den neuen Tagebau Welzow-Süd II - ohne Einvernehmen mit den Betroffenen.
Wenn es um weitere Tagebaue in Brandenburg geht, kann der Braunkohlenausschuss nichts entscheiden. Er kann lediglich helfen bei der "regionalen Willensbildung" – wie es im Amtsdeutsch der Landesregierungsverordnung heißt. In der Vergangenheit hat die Politik mit ihren Entscheidungen gewartet, bis dieser Wille sich kundtat. Mit derlei Höflichkeiten aber ist nun Schluss. Tage bevor der Ausschuss zum neuen Tagebau Welzow-Süd II tagt, unterschreibt die Landesregierung an diesem Mittwoch kurzerhand einen Vertrag mit dem schwedischen Kohlekonzern Vattenfall, um die "unvermeidbaren Umsiedlungen" zu regeln. Deutlicher kann die Landesregierung aus SPD und Linkspartei kaum sagen, dass ihnen die Interessen Vattenfalls wichtiger sind als die der Menschen.
Rein "flankierend" sei die Vereinbarung, beruhigt die Presseeinladung des Ministeriums für Infrastruktur und Landwirtschaft. Ziel sei die "sozialverträgliche Umsetzung" des neuen Tagebaus. Doch Sozialverträglichkeit setzt Einvernehmen voraus. Davon aber kann mit Blick auf Vattenfalls Pläne derzeit keine Rede sein. Mehr als 800 Menschen würden für den neuen Tagebau bei Cottbus ihre Heimat verlieren. Das Dorf Proschim etwa soll gleich komplett abgebaggert werden. Doch das Dorf verhandelt nicht mit Vattenfall, die Mehrzahl der 300 Einwohner will in ihren Häusern bleiben. Das Vorpreschen der Landesregierung soll suggerieren, die Umsiedlung sei längst ausgemachte Sache. Dabei ist der vorschnelle Deal zwischen Politik und Konzern doch nur Ausdruck der sich wandelnden Situation.
Vattenfall steht mit seinem Braunkohlengeschäft gleich von zwei Seiten unter Druck. Der schwedische Staat, Eigentümer des Konzerns, drängt auf eine bessere Klimabilanz, die mit den schmutzigen Braunkohlekraftwerken in der Lausitz nicht zu schaffen ist. Deutschland hingegen versorgt sich zunehmend mit Erneuerbaren Energien aus Sonne und Wind. Entsprechend sind Kohle und Öl künftig immer weniger gefragt. Wenn die bereits genehmigten Braunkohlevorkommen in der Lausitz gegen 2030 abgebaggert sind, werden die Erneuerbaren einen so großen Anteil des Energiebedarfs decken, dass keine neuen Tagebaue mehr gebraucht werden.
Im Rheinland hat man das bereits verstanden. Kürzlich hat die Landesregierung in Düsseldorf den Tagebau Garzweiler II um ein Drittel gestutzt. Die Begründung: Deutschland brauche künftig weniger Kohle. In Brandenburg aber verschließen SPD und Linke lieber die Augen vor dem eigentlich Unvermeidbaren: dem nahenden Ende der Braunkohle. Statt die Region auf den Strukturwandel vorzubereiten, klammern sich Ministerpräsident Dietmar Woidke und seine Minister an das Auslaufmodell Kohle. „Kohle-Deal: SPD verkauft Brandenburgs Zukunft“ stand auf dem Banner, dass die Greenpeace-Aktivisten in Cottbus hielten, während Minister Vogelsänger drin in der Landesplanung seine Unterschrift unter einen Vertrag für die Vergangenheit setzte.
Warum der neue Tagebau Welzow-Süd II abzulehnen ist
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