Vattenfall: „Positive Entwicklung nicht in Sicht“ für Lausitzer Braunkohle
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Die Mitteilung ging Donnerstag Abend an einen kleinen regionalen Presseverteiler. Online war sie zunächst nicht zu finden. Dabei enthielt sie durchaus Brisantes. „Vattenfall fährt aktive Umsiedlungsvorbereitung für Nochten 2 zurück“, war die Meldung überschrieben.
Nochten 2, das ist einer von mehreren neuen Braunkohletagebauen, die der schwedische Energiekonzern in der Lausitz plant und für den 1700 Menschen umgesiedelt werden sollen. Diese Menschen können nun also offiziell wieder hoffen, in ihren Häusern bleiben zu können. Doch das war nicht die Nachricht. Schon bald nachdem Vattenfall im vergangenen Jahr bekannt gegeben hatte, sein Braunkohlegeschäft in Ostdeutschland verkaufen zu wollen, war der Umsiedlungsprozess offiziell auf Eis gelegt worden.
„Perspektive für Braunkohle dramatisch verschlechtert“
Nein, die eigentliche Nachricht fand sich in der Begründung: In den vergangenen Monaten hätten „sich die Perspektiven für die Lausitzer Braunkohle dramatisch verschlechtert“, teilt der Konzern mit und schiebt hinterher: „Eine positive Entwicklung ist derzeit nicht in Sicht.“
Das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen: Hier warnt also ein Verkäufer vor den schlechten Aussichten des von ihm zum Verkauf gestellten Geschäfts. Eine Strategie zur Preissteigerung sieht anders aus.
Vermutlich aber ist es nur die Realität der fortschreitenden Energiewende, die inzwischen auch Teile der Politik zu überholen scheint. Denn während aus den Kohleländern Nordrhein-Westfalen, Brandenburg und Sachsen scharf auf Sigmar Gabriels Klimaabgabe auf die besonders schmutzigen alten Braunkohlekraftwerke geschossen wird, könnte der Ausbau der Erneuerbaren erledigen, was Kohlekumpel in Politik, Gewerkschaften und Konzernen zu verhindern suchen: den schrittweisen Ausstieg aus eben dieser Kohle.
Menschen in der Lausitz atmen auf
In der Lausitz lässt das die Stimmung steigen. Thomas Burchard, seit Jahren aktiv im Kohlewiderstand, hat „dann doch mal ein Bier aufgemacht“, sagt er. Und Günter Jurischka aus dem von der Abbaggerung bedrohten Proschim klingt noch beschwingter als sonst, wenn er sagt, dass gerade viele mit breitem Lächeln durchs Dorf laufen würden.
Als Greenpeace und andere Kohlegegner vor nicht einmal einem Jahr zur großen Anti-Kohle-Kette in der Lausitz aufgerufen hatten, sah das noch anders aus. Die Stimmung war gut, aber die Hoffnung gedämpft. Gerade im sächsischen Nochten waren die Planungen da schon so weit fortgeschritten, dass kaum jemand glaubte, das Vorhaben sei noch zu verhindern. Doch heute nun schrieb sogar die Deutsche Presseagentur „Ausbau der Grube Nochten in Sachsen wird unwahrscheinlicher“.
Gesichert ist das zwar noch lange nicht, aber ein Stück wahrscheinlicher geworden. Das gibt insgesamt 3000 Menschen in der Lausitz Hoffnung, ihre Heimat doch nicht an einen der gigantischen Schaufelradbagger zu verlieren. Es lässt die ganze Region hoffen, dass der überfällige Strukturwandel jetzt endlich mit der nötigen Planungssicherheit begonnen werden kann. Und es lässt Klimaschützer hoffen, dass in der Lausitz endlich umgesetzt wird, was Klimawissenschaftler immer lauter fordern: Kohle muss im Boden bleiben.