Auswirkungen auf die Energiewende
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Online-Redaktion: Andree, wird der Gesetzentwurf der Regierung die Energiewende beschleunigen?
Andree Böhling: Nur teilweise. Gut ist, dass die Regierung einzelne Verbesserungen für die Förderung der Windenergie auf dem Meer oder der Geothermie vorsieht und das Ausbauziel von 30 auf 35 Prozent bis 2020 erhöht. Viel mehr wäre aber machbar und nach dem Super-GAU in Japan wurde ja auch eine Beschleunigung der Energiewende von der Bundeskanzlerin angekündigt. Die kommt nun aber nicht und das ist unverständlich angesichts der Herausforderungen, vor denen wir z.B. beim Klimaschutz stehen. Deutschland kann mit der Entwicklung von Solarstrom- und Windkraftanlagen einen unschätzbaren Beitrag für die Lösung globaler Energieprobleme leisten und baut damit auch noch einen industriellen Zukunftssektor auf.
Online-Redaktion: Was fehlt deiner Meinung nach bzw. wo stellt der Entwurf die falschen Weichen?
Andree Böhling: Der Anteil von Erneuerbaren Energien in 2020 sollte auf mindestens 40 Prozent erhöht werden und dafür müssen verschiedene Förderbedingungen verbessert werden. Insbesondere muss der Ausbau der Windenergie in den südlichen Bundesländern wie Bayern und Baden-Württemberg mit besseren Rahmenbedingungen forciert werden. Auch die Förderung von kleinen Biogasanlagen, die auf die Erzeugung von umweltverträglichen Energiepflanzen setzen, muss im Verhältnis zu den Großanlagen verbessert werden. Hier gibt es ein grobes Missverhältnis, zumal Großanlagen tendenziell zu mehr Transportaufkommen und zu Monokulturen führen und umweltverträgliche Landwirtschaftsstrukturen gefährden.
Online-Redaktion: Was muss passieren, damit Naturschutz und Erneuerbare nicht in Konflikt geraten?
Andree Böhling: Es wäre ein Fehler zu glauben, Naturschutzrechte könnten angesichts der Klima- und Energieprobleme nachrangig behandelt werden. Wir müssen uns mit allen Problemen, die auftauchen, ernsthaft beschäftigen und Lösungen zur Minimierung der Konflikte finden - ob Biogasförderung, die zu Maislandschaften führt, Kollisionen von Zugvögeln mit Windkraftanlagen oder Schallemissionen beim Bau von Windkraftanlagen, die sich negativ auf Schweinswale auswirken können. Diese Naturschutzkonflikte sind weitgehend zu lösen, wenn wir konsequent an den Lösungen arbeiten. Das braucht manchmal aber auch etwas Geduld, weil technische Neuerungen erprobt und in Serie eingeführt werden müssen, wie zum Beispiel schallarme Verfahren für den Bau von Offshore Windkraftanlagen.
Online-Redaktion: Die Bundesregierung will mit der EEG-Novelle eine Marktprämie einführen. Was ist darunter zu verstehen?
Andree Böhling: Die sogenannte optionale Marktprämie ist der Versuch, die Erneuerbaren Energien näher an das Marktgeschehen mit Stromangebot und Nachfrage zu bringen. Ziel soll sein, dass ein Teil des Stroms aus Erneuerbaren Energien an der Börse veräußert werden kann, möglichst dann, wenn auch die Nachfrage und damit die Preise hoch sind. Das Modell ist meines Erachtens aber noch nicht ausgereift und kann sogar zu zusätzlichen Kosten und auch Mitnahmeeffekten führen. Es ist daher ein verfrühter Schritt, zumal auch alternative Ansätze für das Ziel bestehen, den EEG-Strom direkt zu vermarkten. Hier ist insbesondere das Grünstromprivileg zu nennen, das dafür sorgt, dass ehrliche Ökostromanbieter immer mehr Strom aus Wind und Sonne verbrauchsorientiert weiterreichen.
Online-Redaktion: Wie steht Greenpeace zu den Ausnahmeregelungen im EEG-Entwurf?
Andree Böhling: Die Ausnahmen sollten stark begrenzt werden und zwar nur noch auf wirklich betroffene Unternehmen. Derzeit profitieren durch die Regelungen immer mehr Unternehmen, obwohl es keinen ernsthaften Grund dafür gibt. Das wird dann zum Problem, wenn durch die Subventionierung ganzer Branchen die Mehrkosten für die Haushalte spürbar steigen. Und dies ist mittlerweile der Fall bei einem Volumen von über zwei Milliarden - mit dem die Wirtschaft entlastet wird.
Ausnahmen bei den EEG-Kosten sind nur dann vertretbar, wenn es sich um Unternehmen handelt, die einen sehr hohen Energiekostenanteil an ihren Gesamtkosten haben und gleichzeitig im internationalen Wettbewerb stehen.