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Statt auf sieben Prozent sollen Landwirtschaftsbetriebe zunächst nur auf drei Prozent (später fünf Prozent) ihrer Nutzfläche umweltfreundliche Maßnahmen wie Blühstreifen, Untersaaten oder den Verzicht auf Pestizide vorweisen müssen. Der Gewinn für die Umwelt ist damit verschwindend gering. Die Anforderungen an eine Fruchtfolgevielfalt bzw. Fruchtartenbiodiversität wurden so niedrig angesetzt, dass fast alle Betriebe sie heute schon einhalten.
Auch beim Grünlandschutz wird die Anforderung deutlich niedriger sein als von der Kommission vorgeschlagen. Diese hatte ein absolutes Umbruchverbot gefordert. Daraus ist nichts geworden. Einzig die Pflicht zu mehr Transparenz ist ein Lichtblick der EU-Agrarreform: Subventionsempfänger sollen endlich veröffentlicht werden.
"Die EU-Agrarpolitik ist bis heute nicht nur zutiefst ungerecht, sondern fördert auch die Industrialisierung der Landwirtschaft. Sie ist damit mitverantwortlich für massiven Artenverlust, Gewässerbelastung und zahlreiche weitere Umweltschäden", sagt Martin Hofstetter, Landwirtschaftexperte von Greenpeace. "Leider wird daran auch die jetzige Agrarreform nichts ändern. Denn vom ursprünglichen Ansatz, die europäische Agrarpolitik grüner zu machen, ist so gut wie nichts mehr übrig geblieben."
Die Geschichte der Agrarreform ist ein Lehrstück darüber, wie Politik in Brüssel über Jahrzehnte abseits der öffentlichen Wahrnehmung - und der öffentlichen Interessen - gemacht wird. Das hätte sich jetzt ändern können, weil das EU-Parlament erstmals über die Agrarpolitik mitentscheidet.
Doch das Ergebnis ist bitter und ein Erfolg für die Agrarindustrie und industrielle Landwirtschaft. Daran haben Ilse Aigner und der deutsche Bauernverband einen großen Anteil. "Seit Monaten torpedieren Ministerin Aigner und die Agrarindustrie die Reformvorschläge von EU-Kommissar Ciolos für eine grünere Agrarpolitik", kritisiert Hofstetter. "Ministerin Aigner hat sich im Agrarrat immer wieder gegen konkrete Umweltmaßnahmen ausgesprochen, die konservativen Politiker sind ihr nun im Parlament gefolgt."
EU-Parlament, Agrarrat und Kommission werden bis zum Sommer die letzten Details der Reform verhandeln. Doch schon jetzt scheint klar: Umwelt und Verbraucher werden für dieses Ergebnis in den kommenden acht Jahren bitter zahlen müssen. Die EU-Subventionen werden auch in Zukunft nicht an diejenigen Landwirte fließen, die am nachhaltigsten und umweltfreundlichsten wirtschaften. Sie werden vor allem nach dem Prinzip verteilt, wer hat, dem wird gegeben.
"Angesichts dieses Ergebnisses muss man die gesamte Agrarförderung der EU auf den Prüfstand stellen. Es gibt keinen vernünftigen Grund, Jahr für Jahr zig Milliarden Euro an Landwirte zu verteilen, nur weil diese die Gesetze einhalten", folgert Hofstetter.