Bedrohter Haibestand zeigt: Meere brauchen globalen Ozeanschutzvertrag
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Was verbindet manche Suppen, Sonnencreme und Pharmazeutika? Sie enthalten Hai-Bestandteile. Für diese und andere Produkte fangen und töten Fischereiflotten weltweit jedes Jahr schätzungsweise 100 Millionen Haie – ein lukratives Millionengeschäft, von dem insbesondere spanische und portugiesische Langleinen-Fischer:innen profitieren. So wurde der Hai in den letzten Jahrzehnten vom Jäger zum Gejagten, viele Arten sind bedroht und mit ihnen unzählige marine Ökosysteme. Die EU und die regionalen Fischereiorganisationen (RFMO) tolerieren die resultierende Überfischung trotz aller Bekenntnisse zum Meeresschutz stillschweigend, denn: Die Fischereiunternehmen haben einen Weg gefunden, die bestehenden Schutzmaßnahmen zu umgehen. Das Stichwort lautet “Beifang”.
Beispiel Schwertfischfang: Auf jedes Kilo Schwertfisch, das die Fischindustrie fing, kamen im Jahr 2017 vier Kilo vermeintlich versehentlich mitgefangener Haifisch – der sogenannte Beifang. Das zeigen die Greenpeace-Berichte “Haie am Haken” (2022) und „Haie unter Attacke“ (2019). Diese beleuchten am Beispiel des nordatlantischen Schwertfischs, was falsch läuft in der industriellen Fischerei.
Fischerei nutzt Schlupflöcher, um bedrohte Haie zu fangen
Ein Großteil der Langleinenfischerei im Nordatlantik zielt offiziell auf Schwertfische ab. Doch aufgrund sinkender Bestände hat die Politik die Fangquoten in den letzten Jahren stark reduziert. „Um dennoch die überdimensionierten Kapazitäten ihrer Fangflotten auszulasten, hat die industrielle Fischerei einfach auf den Fang von Haien umgesattelt – in vielen Fällen inoffiziell”, sagt Till Seidensticker, Meeresexperte bei Greenpeace. „Durch diesen Trick enden seit Jahren immer mehr Haie an den Haken, die eigentlich für Schwertfische gedacht sind - und der Hai-Schutz hinkt hinterher.” Dass Beifang nicht mehr zurück ins Meer geworfen werden darf, spielt den Fischereiflotten in diesem Fall also sogar in die Karten, denn: Die als Beifang definierten Haie müssen mit an Land genommen werden. Das Problem könnte reduziert werden, und zwar von der Internationalen Kommission zur Erhaltung der Thunfische im Atlantik (ICCAT). Diese Kommission besteht aus 52 Fischereinationen, inklusive der EU. Sie ist nicht nur für den Thunfischfang, sondern auch für die Befischung von Haien, Marlinen und Schwertfischen im Atlantik zuständig. Die ICCAT könnte beispielsweise die Fangmengen neu bestimmen, mehr Haiarten als gefährdet einstufen und Schutzgebiete für Junghaie schaffen – aber bisher wurden die Fischereivorschriften nicht ausreichend angepasst.
Bedrohte Haie werden für Kosmetik-Produkte getötet
Und was passiert mit den gefangenen Haien? Haifischflossen sind nach wie vor das wertvollste Produkt – immer noch sterben deshalb unzählige Haie einen qualvollen Tod, weil ihnen die Flossen abgeschnitten und sie verstümmelt ins Meer geworfen werden. Doch Haifischteile landen nicht nur in der Suppe, sondern auch in Drogerieläden in Deutschland: Aus Haifischleberöl wird der Stoff "Squalen" gewonnen – ein häufiger Bestandteil von Kosmetika und Pharmazeutika. Aus Haifischknorpel wird Chondroitin extrahiert: Ein Nahrungsergänzungsmittel.
Minimaler Schutz für den Kurzflossen-Makohai
Nach vielen Jahren des Zauderns hat die ICCAT jetzt immerhin einen kleinen Schritt in Richtung mehr Haischutz unternommen: Der Kurzflossen-Makohai darf erstmal nicht mehr gefangen werden. Er ist der schnellste Hai der Welt, der sich jedoch nicht schnell genug fortpflanzen kann, um der Überfischung standhalten zu können. Seine Bestände sind weltweit um über die Hälfte eingebrochen. Im November vergangenen Jahres hat die ICCAT deshalb ein Wiederaufbauprogramm für die Bestände des Kurzflossen-Makohais verabschiedet: Die Fischerei darf zwei Jahre lang weder tote noch lebende Makohaie aus dem Nordatlantik an Bord behalten oder verkaufen. Versehentlich gefangene Tiere müssen die Crews nach Best-Practice-Handhabungsverfahren, wieder sicher ins Meer zurück befördern. Auch die Kontrollen an Bord erhöhen sich auf bis zu zehn Prozent.
Dennoch enden weiterhin Tiere an den Haken, um teilweise schwer verletzt freigelassen zu werden. Unklar ist auch, wie es nach dieser zweijährigen Verschnaufpause weitergeht – eigentlich wären Jahrzehnte Fangverbot notwendig, um die Überfischung der vergangenen Jahrzehnte auszugleichen.
Haie sind wichtig für ein gesundes Meer
Haie stehen an der Spitze der Nahrungspyramide und spielen im Ökosystem Meer eine wichtige Rolle: Einerseits jagen sie auch alte und kranke Fische und tragen so dazu bei, dass die Bestände ihrer Beutetiere gesund bleiben. Andererseits ernähren sich einige Hai-Arten von Tierkadavern und verhindern dadurch den Ausbruch und die Verbreitung von Krankheiten. Auch regulieren Haie die Populationen ihrer Beutetiere, halten diese in einem natürlichen Gleichgewicht und verhindern somit eine zu starke Vermehrung solcher Arten – was dem Ökosystem schaden würde.
Dieses Gleichgewicht ist mancherorts schon dramatisch gestört und hat auch einen Einfluss auf die Menschen: Eine Studie über Fischbestände an der Atlantikküste der USA fand heraus, dass sich dort die Populationsgrößen aller Hai-Arten stark reduziert haben. Das führte zu einer starken Vermehrung der Kuhnasen-Rochen, eines ihrer Beutetiere. Diese Rochenart ernährt sich von Austern und Jakobsmuscheln. Die Muschelbestände wurden als Konsequenz des Hai-Mangels so stark weggefressen, dass es zum Zusammenbruch der dortigen Muschelfischerei kam.
Greenpeace fordert: Schützt die Haie
- Entscheidend ist ein ganzheitlichen Ansatz: Ein starker globaler Ozeanvertrag und die Ausweisung von vollständig geschützten Meeresschutzgebieten, damit sich die Fischbestände erholen können.
- Fangmethode, Herkunftsland, Fanggebiet und Rückverfolgbarkeit müssen bei allen Fischprodukten eindeutig gekennzeichnet sein.
- Politik, Fischindustrie und Handel müssen die industrielle Fischerei zu einer ökologisch verträglichen Fischerei verändern, damit auch Haie durch die Fischerei nicht mehr gefährdet werden.
- Den Verzicht auf Hai-Produkte, bis garantiert werden kann, dass dadurch keine Hai-Bestände oder Hai-Arten bedroht werden.
- Sofortiger Verzicht auf Produkte von gefährdeten Arten, wie z.B. Dornhai, Heringshai oder Makohai.
Haie am Haken - Deutsche Zusammenfassung.pdf
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