Nicht hinter verschlossenen Türen!
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Sie wollten sich in den kanadischen Gatineau-Hügeln verkriechen, um die Schätze des Arktischen Ozeans untereinander aufzuteilen. Doch die Außenminister der fünf Arktis-Anrainerstaaten blieben nicht ungestört. Unübersehbar entrollten Greenpeace-Aktivisten an der Straße zum Tagungsort ein Banner: Arctic Future: Not Behind Closed Doors!
Zusätzlich ging ein Schreiben an die fünf Außenminister. Greenpeace fordert darin, zukünftige Treffen nur unter der Oberhoheit des Arktischen Rates oder der Vereinten Nationen beziehungsweise anderer globaler Institutionen abzuhalten.
Arktis ohne Rat
29.3.2010: Eisfreie Arktis - was für eine Verlockung. Reichhaltige, gesunde Fischbestände. Öl. Gas. Freie Bahn für die großen Industrietrawler, für Bohrtürme und Ölplattformen. Um diesen Alptraum in Schach zu halten, gibt es den Arktischen Rat. Beim heutigen Treffen der Arktis-Anrainerstaaten ist er ausgeschlossen. Die Fünf bleiben lieber unter sich. Nicht nur bei Umweltschützern schrillen die Alarmglocken.
In Chelsea bei Ottawa wollen die Vertreter Kanadas, Russlands, Dänemarks, Norwegens und der USA heute über die ökonomische Entwicklung und den Schutz der Arktis sprechen. Es ist das zweite Mal, dass sie solche Gespräche unter sich führen. Sie brechen mit einer langen Tradition. Bislang war es üblich, über Maßnahmen und Entscheidungen zur Arktis offen und transparent zu verhandeln.
Der Arktische Rat
Aus dem Gedanken der Fairness und Offenheit heraus entstand auch der Arktische Rat (Arctic Council). Er wurde 1996 gegründet, um einen Interessenausgleich zwischen den Anrainerstaaten und der indigenen Bevölkerung zu gewährleisten. Ständige Mitglieder sind nicht nur die fünf angrenzenden Länder, sondern auch indigene Vertreter zum Beispiel der Inuit. Diese haben ein explizites Mitspracherecht. Der Rat befasst sich mit Umweltproblemen wie dem Klimawandel, aber auch mit wirtschaftlichen Projekten.
Das gute Klima hielt, solange der natürliche Schutz der Arktis, das Eis, die Ausbeutung der Ressourcen beschränkte oder unmöglich machte. Mit der Eisschmelze setzen sich nun nationale Egoismen durch. Mittlerweile geht es um die Ausdehnung von Hoheitsgebieten, um den Kontinentalschelf mit seinen Öl- und Gasvorkommen. Es steht zu befürchten, dass die Anrainer den Kuchen unter sich aufteilen wollen.
Die Illullissat-Deklaration
Das erste Treffen der neuen Art fand 2008 in Illullissat/Grönland statt. Es endete mit der Illullissat-Deklaration, die von zahlreichen indigenen Gruppen und Nichtregierungsorganisationen heftig kritisiert wurde. In der Deklaration blockieren die Anrainer unverhohlen die Entwicklung eines internationalen, rechtsverbindlichen Instrumentariums, das Nutzung und Schutz der Arktis regulieren könnte.
Es ist nicht zu akzeptieren, dass die fünf Anrainerstaaten die Zukunft der Arktis hinter geschlossener Tür planen, unter Ausschluss des Rests der Welt, kritisiert Greenpeace-Meeresbiologin Iris Menn. Die Zukunft der Arktis ist für uns alle lebenswichtig – für die Indigenen in der Region ebenso wie für die Menschen der Pazifischen Inselstaaten, die ihre Heimat verlieren, wenn die Arktis abschmilzt und der Meerespiegel steigt.
Die Chance nutzen
Vor uns liegt die einmalige Chance, ein einzigartiges Ökosystem zu bewahren und zu zeigen, wie sich nachhaltige Nutzung und Schutz vereinbaren lassen. Doch um dieses Ziel zu erreichen, ist ein offener, transparenter und fairer Prozess nötig.
Greenpeace fordert ein Moratorium auf alle industriellen Aktivitäten in jenem Bereich des Arktischen Ozeans, der bislang natürlicherweise von Eis geschützt war. Die Subsistenzwirtschaft der indigenen Völker bleibt davon unberührt. Das Moratorium ist ein notwendiger Zwischenschritt, um weiteren Schaden von der Arktis abzuwenden. Es sollte so lange bestehen bleiben, bis ein übergeordnetes, rechtsverbindliches Abkommen für die Arktis verabschiedet ist, ähnlich dem Antarktis-Abkommen.