UN einigen sich auf globales Hochseeschutzabkommen
- mitwirkende Expert:innen Franziska Saalmann
- Hintergrund
Greenpeace feiert historischen Erfolg: Nach fast 20 Jahren Einsatz für den Meeresschutz haben sich die UN auf ein internationales Hochseeschutzabkommen geeinigt.
Der 4. März 2023 geht im Kampf um den Schutz der Meere in die Geschichte ein. Um 22 Uhr Ortszeit haben sich die Delegierten in New York endlich auf ein globales Hochseeschutzabkommen geeinigt. Am 19. Juni 2023 haben die UN-Staaten es förmlich angenommen. Bereits 2005 hatte Greenpeace einen ersten Vorschlag vorgelegt und sich seitdem gemeinsam mit Verbündeten für die Umsetzung eingesetzt. Der Beschluss ist ein Meilenstein auf dem Weg, das große Ziel zu erreichen: 30 Prozent der Weltmeere bis 2030 zu schützen.
Nach einem langen Kampf für den Schutz der Ozeane, jeder Menge Staatskonferenzen und unglaublichen Diskussionen, gelang nach vielen Jahren und einem letzten 48-stündigen Verhandlungsmarathon am 4. März 2023 endlich der Durchbruch: Die UN einigen sich auf ein globales Hochseeschutzabkommen. Am 20. September haben Außenministerin Annalena Baerbock und Umweltministerin Steffi Lemke (beide Grüne) im Auftrag der deutschen Bundesregierung das UN-Hochseeschutzabkommen unterzeichnet. Historischer Vorreiter ist aber Palau – denn sie haben als erstes Land überhaupt im Januar 2024 das UN-Hochseeschutzabkommen nicht nur unterzeichnet, sondern auch ratifiziert.
So schön sind die Meere
Neues UN-Hochseeschutzabkommen – ein großer Erfolg und trotzdem erst der Anfang
Im nächsten Schritt müssen einzelne Staaten den beschlossenen Vertragstext juristisch prüfen und ratifizieren, bevor die UN den finalen Text veröffentlicht. Ob China und Russland das Abkommen ratifizieren werden, ist offen. Das UN-Hochsee-Schutzabkommen tritt offiziell in Kraft, wenn mindestens 60 Regierungen zugestimmt haben.
Wie ist das Abkommen zu bewerten?
- Ein Erfolg: Es liefert endlich den gesetzlichen Rahmen für die Einrichtung von Meeresschutzgebieten in internationalen Gewässern. Das ist die Grundlage, auf der die UN nun ein globales Netzwerk aus Schutzgebieten errichten kann, so wie es das 30x30 Ziel vorsieht. In diesen Schutzgebieten sollen menschliche Eingriffe wie Fischerei und andere industrielle Nutzung verboten sein. Ziel ist es, dass diese Gebiete bis 2030 mindestens 30% der Weltmeere abdecken. Es ist vor allem für die Regionen wichtig, die außerhalb der nationalen Gerichtsbarkeit liegen. Denn: Rechtlich gesehen, hat niemand einen Anspruch auf den großen Teil der Weltmeere. Nur im küstennahen Teil des Meeres, also bis zu 200 Seemeilen vom Land entfernt, hat der angrenzende Staat gewisse Hoheitsrechte. Hinter dieser „Ausschließlichen Wirtschaftszone“ beginnt die Hohe See. Sie umfasst zwei Drittel der gesamten Ozeane und gehört niemandem – und damit letztlich allen.
- Die Krux: Das Abkommen macht solche Schutzgebiete zwar grundsätzlich möglich, die beteiligten Staaten müssen sich allerdings darauf einigen, wo und unter welchen Umständen sie errichtet werden sollen.
- Ein entscheidendes Detail: Das Abkommen legt eine Mehrheitsregelung fest. Somit können Gegenstimmen mögliche Schutzgebiete nicht schon mit einer Gegenstimme blockieren. Staaten, die in der Vergangenheit eine Blockadehaltung zeigten, können durch ein einzelnes Veto nun nicht mehr Mehrheitsbeschlüsse aufhalten. Ein Schlupfloch im Vertragstext erlaubt es den Staaten, unter bestimmten Umständen aus Meeresschutzgebietsverpflichtungen auszusteigen. Dann sind sie jedoch dazu verpflichtet, alternative Maßnahmen mit gleicher Wirkung zu ergreifen. Außerdem dürfen sie keine Schritte oder Handlungen vornehmen, die die Wirksamkeit des Schutzgebiets untergraben würden. Dabei besteht allerdings das Risiko von „Paper Parks“: Das sind Schutzgebiete, die nur auf dem Papier existieren, im Gelände aber nicht wirksam geschützt werden.
30x30 From Global Ocean Treaty to Protection at Sea
Dateigröße: 9.29 MB
Herunterladen30x30 Ozeanvertrag-Schutz auf See – Deutsche Zusammenfassung
Dateigröße: 6.59 MB
HerunterladenFazit: Das UN-Hochseeschutzabkommen ist ein Meilenstein für den Schutz der Meere. Es bietet die Grundlage zur Einrichtung vollständig und hochgradig geschützter Meeresschutzgebiete in internationalen Gewässern. Aber: Menschliche Eingriffe wie Fischerei oder der Tiefseebergbau werden weiterhin durch die bestehenden Institutionen, wie die Internationale Meeresbodenbehörde (ISA) oder die regionale Fischerei Management Organisationen (RFMOs) geregelt. Diese versagen jedoch beim nachhaltigen Management. Stattdessen stehen oft wirtschaftliche Interessen im Vordergrund. Das Abkommen soll zwar die Zusammenarbeit und Koordination zwischen diesen Gremien verbessern, bindet sie aber nicht an einen regulativen Rahmen.
Greenpeace appelliert an die Internationale Meeresbodenbehörde, an die regionale Fischerei Management Organisation, ihre Sache ernst zu nehmen.
Die Weltmeere sind ein gemeinsames Erbe der Menschheit – das ist eines der vereinbarten Kernprinzipien des Vertrags. Daher haben auch alle Staaten Anrecht auf mögliche Gewinne durch genetische Ressourcen, also pflanzliches, tierisches oder mikrobiologisches Material aus internationalen Gewässern, z.B. für die Pharma-, Chemie- und Kosmetikindustrie. Nur reiche Nationen oder große Unternehmen können die Erschließung solcher Ressourcen finanzieren. Daher erzeugt das Abkommen einen Rahmen zur Gewährleistung eines fairen und gerechten Zugangs- und Vorteilsausgleichs, um ärmere Länder an den möglichen Einnahmen gerecht zu beteiligen. Es ist Aufgabe der Regierungen, insbesondere derer im globalen Norden, weiter Vertrauen aufzubauen, Gerechtigkeit und Verbindlichkeit zu zeigen.