Indischer Greenpeace-Aktivist Akshay Gupta im Interview
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Bereits im Mai 2014 waren indische Greenpeace-Aktivisten von der Polizei festgenommen worden. Sie bemühen sich um den Schutz des Mahan-Waldes, der ins Fadenkreuz mächtiger Kohle-Unternehmen geraten ist. Sollte hier tatsächlich bald Kohle abgebaut werden, müsste dafür einer der wertvollsten Wälder Indiens weichen, die Existenzgrundlage zehntausender Menschen und gleichzeitig Heimat von Tigern, Elefanten, Leoparden. Akshay Gupta von Greenpeace Indien berichtet, was sich in Amiliya inmitten des Mahan-Waldes zuletzt ereignete:
Die indische Polizei versucht den Widerstand gegen die neue Mahan-Kohlemine zu brechen. Einige der Aktivisten wurden verhaftet, diverses Equipment von der Polizei konfisziert. Du warst einer der Aktivisten – kannst du uns erzählen, was Ende Juli passierte und warum du verhaftet wurdest?
Vor fast vier Monaten hatte Greenpeace Solarpaneele und Mobilfunkequipment auf einem Versammlungshaus installiert – einem Gemeinschaftsort, in dem lokale Initiativen und NGOs ihre Treffen abhalten. Ende Juli musste sich dieser Ort einer Razzia der Polizei unterziehen. Als ich mich mit meinem Team am nächsten Tag in einem Meeting befand, kam es zu einer erneuten Razzia ohne jegliche Begründung oder Durchsuchungsbefehl. Auf Nachfrage gaben sie uns nur zu verstehen, dass die Polizei in bestimmten Fällen berechtigt sei, Razzien ohne Vollmacht durchzuführen. Wir sollten sämtliches installiertes Equipment übergeben, inklusive der Solarpaneele und Akkus, außerdem kamen weitere Polizisten hinzu, um auch das Mobilfunkequipment abzumontieren. Wir wurden also festgenommen – das war bereits die zweite Verhaftung in den letzten beiden Monaten.
Greenpeace Indien wurde von der Energiegesellschaft Essar auf rund 60 Millionen Euro verklagt. Was war der Grund dafür?
Greenpeace und indische NGOs haben schwierige Fragen gestellt und Widerstand geleistet, als es der Regierung und den beteiligten Unternehmen darum ging, die Beschlüsse für die Kohlemine auf der Überholspur zu treffen. Während Essar verstärkt Druck auf die Regierung ausübte, kletterten 14 Greenpeace-Aktivisten auf das Hauptquartier des Unternehmens in Mumbai und entrollten ein Banner. Zugleich demonstrierten zahlreiche Dorfbewohner aus dem Mahan-Gebiet und Jugendliche aus Mumbai vor dem Gebäude. Mumbais Oberster Gerichtshof hat aufgrund der Klage nun von Greenpeace verlangt, die angeblich verleumderischen Inhalte gegen die Essar Gruppe aus ihrem Webauftritt und sämtlichen Postern und Infoblättern zu nehmen.
Bei einer lokalen Vollversammlung (Gram Sabha) in von der Kohlemine gefährdeten Dörfern soll es zu Unterschriftenfälschungen und Unregelmäßigkeiten gekommen sein. Einige Bewohner reklamieren, dass sie dem Beschluss zur Unterstützung der neuen Kohleminen nie zugestimmt hätten, trotzdem fanden sie später ihre Unterschriften auf dem Papier. Was ist passiert?
Der Gram Sabha vom 6. März 2013 war gefälscht! Von 2050 registrierten Bewohnern waren nur 184 anwesend und doch wurde eine Entscheidung im Interesse von Mahan Coal Ltd. (MCL) – einer gemeinsamen Gesellschaft von Essar und Hindalco, welche die Mine betreiben möchte – getroffen. Ein Beschluss mit 1125 gefälschten Unterschriften wurde letztendlich präsentiert, darunter Unterschriften von neun Verstorbenen, zwei Männern, die sich zu diesem Zeitpunkt in Haft befanden sowie zahlreiche Unterschriften der Bürgerinitiativen-Mitglieder, die sich immer gegen die Kohlemine ausgesprochen haben. Ursprünglich war die Versammlung einberufen worden, um den Forest Rights‘ Act von 2006 aufrecht zu erhalten und es sollte ein Beschluss für oder gegen die Umnutzung von Landfläche werden.
Welche Folgen hätte die neue Kohlemine für die lokalen Gemeinschaften, für das Klima und für den Mahan-Wald, für dessen Schutz du dich einsetzt?
Die geplante Kohlemine würde unter einer Waldfläche liegen, die derzeit noch die Heimat von 54 Dörfern ist, für die der Wald auch die Existenzgrundlage darstellt. Das Gebiet beheimatet mehrere Stämme, die davon leben, unterschiedlichste Produkte aus dem Wald zu sammeln und zu verkaufen. Die meisten der Dorfbewohner praktizieren ihre spirituellen und kulturellen Aktivitäten schon seit Generationen in diesem Wald. Zudem hält der Wald Arzneimittel, Futter für das Vieh, Feuerholz sowie Honig und weiteres für sie bereit. Es versteht sich quasi von selbst, dass die Bewohner dieser Gegend eine starke emotionale Bindung an den Wald haben.
Interview: Niklas Schinerl/Anna Oertl