Atommüll auf gefährlichen Irrwegen
- Hintergrund
Seit Ende der 80er Jahre protestiert Greenpeace gegen die riskanten Transporte. Ein Atomtransport-Unfall kann katastrophale Folgen haben, insbesondere in Ballungsgebieten. Grundsätzlich gibt es für Transportunfälle keinen wirksamen Katastrophenschutz. Zugunsten der Interessen der AKW-Betreiber wird die Sicherheit von Bahnarbeitern, Polizei und Anwohnern der Transportstrecke leichtfertig aufs Spiel gesetzt.
Sichere Atomtransporte: ein Ding der Unmöglichkeit
Atomtransporte sind gefährlich wie eh und je. Denn Behälter mit hochradioaktivem Material stellen ein immenses Gefahrenrisiko dar. Mit einigen Typen wurden keine den gesetzlichen Anforderungen entsprechenden Sicherheitstests durchgeführt. Oder es wurden nicht die adäquaten Unfallszenarien simuliert, so dass sich diese Tests jeglicher Realität entziehen: Beispielsweise sieht der Feuertest vor, dass ein Atommüllbehälter 30 Minuten lang einer Temperatur von 800 Grad Celsius ausgesetzt wird. Bei Zugunfällen mit leicht entzündbaren Stoffen wie Benzin oder Propangas werden allerdings Temperaturen von bis zu 2000 Grad Celsius erreicht.
1998 fanden Behörden außen an einigen Atommüllbehältern radioaktive Partikel. Die Behälter hatten jahrelang den zulässigen Grenzwert um bis zum 3500fachen überschritten. Daraufhin verhängte die Umweltministerin Angela Merkel einen sofortigen Transportstopp und versprach, vor der vollständigen Ursachenklärung keine weiteren Transporte zu genehmigen.
Im Januar 2000 gab die Bundesregierung jedoch wieder grünes Licht für Atomtransporte. Und das weiterhin ohne die versprochene Klärung. Auch können die Betreiber der Atomkraftwerke weiterhin nicht garantieren, dass die Behälter zukünftig sauber sind.
Unfall-Chronik
Folgende Beispiele vergangener Unfälle beim Transport hochgiftiger Stoffe machen klar, wie wahrscheinlich und unübersehbar die Gefahren beim Transport gefährlicher Güter sind: ein Szenario unbeherrschbarer Katastrophen!
März 1994, Zürich: Wegen eines defekten Radlagers springt das Drehgestell eines Kesselwagens aus den Schienen. Mehrere mit Benzin beladene Waggons entgleisen und explodieren. Eine 80 Meter breite Feuerwalze erfasst Wohnhäuser und Fahrzeuge.
Juli 1996, Schönebeck: Ein Wagen entgleist und stößt gegen einen Oberleitungsmast. Funken aus der herabfallenden Oberleitung entzünden das transportierte Gas, der Wagen expoldiert, weitere Wagen gehen in Flammen auf.
Februar 1997, Frankfurt: Am Frankfurter Südbahnhof explodieren beim Zusammenstoß zweier Güterzüge zwei Kesselwaggons mit Benzin. Die Flammen brennen mehr als 50 Meter hoch.
Februar 1997, Apach: Während eines Castor-Transports entgleisen drei Spezialwaggons eines Zuges mit abgebrannten Brennelementen. Das Unglück verläuft glimpflich, weil der Zug nur 25 km/h fuhr.
Reise in die atomare Sackgasse
Keiner will ihn haben, den Atommüll. Hochradioaktive Abfälle strahlen für viele tausend Jahre. Auf der ganzen Welt hat man bisher kein sicheres Endlager gefunden, das für solche Abfälle geeignet wäre. Deshalb wird Atommüll verschoben: Er rollt aus Atomkraftwerken zu zentralen Zwischenlagern (Ahaus / Nordrhein-Westfalen und Gorleben / Niedersachsen) oder zu ausländischen Wiederaufbereitungsanlagen (La Hague / Frankreich und Sellafield / Großbritannien) die einzigen von den Aufsichtsbehörden bisher zugelassenen Entsorgungswege.
Sackgasse Zwischenlager
Hochradioaktiver Atommüll erzeugt noch über Jahre hinweg eine immense Wärmemenge. Um diese kontrolliert abzuführen, muss der strahlende Müll rund 40 Jahre zwischengelagert und dabei gekühlt werden. Ein sich an diese Zwischenlagerung anschließendes Endlager, geeignet dafür, hochradioaktive Abfälle sicher für Jahrmillionen von der Biosphäre abzuschirmen, gibt es jedoch auf der ganzen Welt noch nicht. Und selbst Experten wie der Umweltsachverständigenrat gehen nicht davon aus, dass ein für alle Zeiten sicheres Endlager gefunden werden kann. So führt der Weg zum Zwischenlager zwangsläufig in die Sackgasse.
Sackgasse Wiederaufbereitungslager
Auch der scheinbare Ausweg in die Wiederaufbereitungsanlage bietet keine Alternative. Denn Wiederaufbereitung verursacht zusätzlichen Atommüll, und das in vielfacher Menge. Zudem leiten Wiederaufarbeitungsanlagen derartig viele radioaktive Substanzen in Luft und Meere, dass ganze Landstriche um die Atomanlagen radioaktiv verseucht sind. 1998 stellte Greenpeace beispielsweise fest, dass die radioaktive Belastung der Umgebung um die Wiederaufarbeitungsanlage Sellafield der Belastung der 30-Kilometer-Sperrzone um den Katastrophenreaktor von Tschernobyl entspricht. Auch der Weg in die Wiederaufbereitungsanlage führt also in die Sackgasse.
Fazit: Atomtransporte bieten keinerlei Lösung für das Atommüllproblem, im Gegenteil:
Sie erhöhen das Risiko für Menschen und Umwelt!
Neutronenstrahlung - die unterschätzte Gefahr
Die Ergebnisse des Marburger Nuklearmediziners Prof. Horst Kuni über Wirkung und Gefährlichkeit von Neutronenstrahlung erregten im Juli 1995 öffentliche Aufmerksamkeit. Gestützt auf Erkenntnisse aus Experimenten mit Tieren und Zellkulturen stellte Kuni fest, dass Neutronen rund 60 Mal gefährlicher sind, als bisher angenommen. Somit wurde möglicherweise bisher bei Atomtransporten die Belastung durch Neutronen erheblich unterschätzt. Dadurch könnten die erlaubten Grenzwerte teilweise überschritten worden sein.
Die hochaktiven Spaltprodukte von Atommüll senden aus ihren Behältern Neutronenstrahlen (bestehend aus elektrisch neutralen Teilchen) aus. Diese haben in der Luft eine Reichweite von einigen hundert Metern und wirken von außen auf den menschlichen Körper ein. Deswegen hat die Neutronen-Strahlung einen erheblichen Anteil an der Strahlenbelastung, die von den Atommüllbehältern ausgeht.
Greenpeace fordert:
- Sofortiger Stopp aller Atomtransporte sowohl in die Zwischenlager als auch in die Wiederaufarbeitungsanlagen im Ausland.
- Die Produktion von Atommüll muss beendet werden. Hierzu müssen die Atomkraftwerke umgehend abgeschaltet werden.
- Die Wiederaufarbeitung von Atommüll muss weltweit sofort verboten werden.