Jetzt spenden
SperrSperrzone um die Wiederaufarbeitungsanlage von Majak (1994)zone um die Wiederaufarbeitungsanlage von Majak (1994)1994/06/15
Sabine Vielmo / Greenpeace

Deutscher Atommüll nach Majak?

Archiviert | Inhalt wird nicht mehr aktualisiert

Majak ist einer der am schlimmsten verstrahlten Orte der Welt. Bald könnte auch deutscher Atommüll die Region im Ural verseuchen. Die sächsische Landesregierung will die abgebrannten Brennelemente aus dem früheren Forschungsreaktor Rossendorf in die Wiederaufarbeitungsanlage Majak schaffen lassen. Seit 2005 lagern sie im Zwischenlager Ahaus. 

In Russland werden flüssige heiße Atomabfälle aus der Wiederaufarbeitung mehr als 200 Meter tief in die Erde injiziert. Üblich ist diese Praxis in der Nähe der Atomanlagen von Tomsk, Dimitrowgrad und Krasnojarsk. In einem neuen Gesetz Über den Umgang mit radioaktiven Abfällen soll das Verfahren jetzt rechtlich abgesichert werden. Die zweite Lesung des Gesetzes war für den 17. November vorgesehen, wurde aber angesichts der Proteste in Russland und Deutschland gegen den geplanten Atommülltransport vertagt. Bis Ende 2010 soll es aber verabschiedet werden.

Die 951 Brennelemente aus Rossendorf sind sowjetischer Herkunft. Medienberichten zufolge hat Russland eine Rücknahmepflicht aus internationalen Abkommen. Diese ende aber, wenn die Transporte nicht spätestens Ende 2010 beginnen und bis zum 16. April abgeschlossen seien. Hamburg und Bremen haben einen Transport über ihre Häfen bereits abgelehnt.

Deutscher Atommüllexport nach Russland illegal

Greenpeace fordert die sofortige Offenlegung des geheimen Vertragsentwurfs zwischen der sächsischen Regierung und dem russischen Staatskonzern RosAtom. Auch der Staatsvertrag zwischen der Bundesregierung und der Regierung der Russischen Föderation soll veröffentlicht werden.

"Wir haben die Nase voll von Geheimverträgen zu Atomfragen. Atomminister Röttgen und das Land Sachsen müssen jetzt alle Papiere offen auf den Tisch legen", sagt Greenpeace-Atomexperte Tobias Münchmeyer. "Atommüll in ein Land zu schicken, das radioaktive Abfälle einfach unter die Erde pumpt, ist wahnwitzig. Kein anderes Land der Erde geht so arglos mit Atommüll um wie Russland. Sächsischer Atommüll hat dort nichts zu suchen."

Der geplante Transport von Ahaus nach Majak ist nach deutschem Recht illegal. Das deutsche Atomgesetz regelt in Paragraph 9a, dass radioaktiver Müll schadlos verwertet oder als radioaktive Abfälle geordnet beseitigt werden (direkte Endlagerung) muss. Das schließt die in Majak beabsichtigte Wiederaufarbeitung der sächsischen Brennelemente aus. Darüber hinaus verstieße die Ausfuhr des Atommülls gegen den Grundsatz der Bundesregierung sowie der Vorgängerregierungen, beim Umgang mit Atommüll nach dem Prinzip der nationalen Verantwortung zu verfahren.

Majak - der alltägliche GAU

Der Atomkomplex Majak an der russisch-kasachischen Grenze war ab den 1940er Jahren das Zentrum der sowjetischen Plutonium-Gewinnung und Atomwaffen-Herstellung. Im September 1957 führte ein defektes Kühlsystem zur Katastrophe: Ein Tank mit hochradioaktiver Flüssigkeit explodierte, eine gewaltige radioaktive Wolke stieg auf und verseuchte große Teile der Region. Tausende Menschen starben, Dörfer und Städte mussten umgesiedelt werden.

Das Unglück wurde bislang nur von Tschernobyl übertroffen. Kleinere Havarien jedoch waren an der Tagesordnung, schon der alltägliche Betrieb war eine permanente Umweltkatastrophe. Flüssige radioaktive Abfälle wurden viele Jahre lang in die Tetscha geleitet. Der Fluss versorgte 120.000 Menschen mit Trinkwasser. Die gesundheitlichen Folgen waren verheerend. Im Dorf Musljumowo, 30 Kilometer vom Atomkomplex entfernt, gibt es bis heute kaum gesunde Menschen.

"Es ist nicht nur unmoralisch sondern auch ungesetzlich, deutschen Atommüll nach Russland abzuschieben. Atomminister Röttgen muss diesen Transport stoppen", sagt Tobias Münchmeyer. Die Umgebung der Atomanlage in Majak gehört schon heute zu den am stärksten verstrahlten Regionen der Erde.

 

  • Region Majak: Das Dorf Musljumovo  01/01/2000

    Region Majak: Das Dorf Musljumovo

    Überspringe die Bildergalerie
  • Region Majak: Brücke von Kurmunowo 09/01/2001

    Region Majak: Brücke von Kurmunowo

    Überspringe die Bildergalerie
  • Region Majak: Der Fluss Tetscha 01/01/2000

    Region Majak: Der Fluss Tetscha

    Überspringe die Bildergalerie
  • Region Majak: Das Dorf Musljumovo 01/01/2000

    Region Majak: Das Dorf Musljumovo

    Überspringe die Bildergalerie
  • Region Majak: Ehemalige Metall-Fabrik nahe des Flusses Tetscha 01/01/2000

    Region Majak: Ehemalige Metall-Fabrik

    Überspringe die Bildergalerie
  • Region Majak: Das radioaktiv kontaminierte Dorf Musljumovo 01/01/2000

    Region Majak: Das Dorf Musljumovo

    Überspringe die Bildergalerie
  • Sperrzone um die Wiederaufarbeitungsanlage von Majak (1994)1994/06/15

    Sperrzone

    Überspringe die Bildergalerie
  • Karte der Region um Majak

    Karte der Region um Majak

    Überspringe die Bildergalerie
Ende der Gallerie

Online-Mitmachaktion

https://act.greenpeace.de/eu-verbot-fossile-energien

Offener Brief: Neue fossile Energieprojekte in Europa verbieten

Wir alle müssen jetzt den klimatischen und ökologischen Notstand als die existenzielle Krise behandeln, die er ist. Unser Leben hängt davon ab. Deshalb fordern wir die EU-Institutionen dazu auf: Stoppt neue Öl- und Gasprojekte!

Jetzt unterzeichnen
0%
vom Ziel erreicht
0
haben mitgemacht
0%
Datum
Protesters holding yellow banner that says "defend the climate - not fussil fuels"

Mehr zum Thema

Projektion zum Atomausstieg am AKW Isar 2
  • 16.08.2024

Atomkraft ist nicht nur riskant, sondern auch keine Lösung für die Energiekrise. Am 15. April 2023 wurden die deutschen Atomkraftwerke darum endgültig abgeschaltet, nun wurden Kühltürme gesprengt.

mehr erfahren
Atommeiler in Cattenom
  • 19.06.2024

Atomenergie ist ein volkswirtschaftliches Risiko, so eine aktuelle Greenpeace-Studie. Die Rechnung für unkontrollierte Kostensteigerungen und massive Verzögerungen begleichen die Steuerzahlenden.

mehr erfahren
Nuclear Action at EnBW in Germany
  • 24.05.2024

Tausende von Jahren sollte das „Versuchsendlager“ im ehemaligen Salzbergwerk Asse II sicher sein. Knapp vier Jahrzehnte später säuft es durch Wassereinbrüche ab, die Schachtanlage droht einzustürzen.

mehr erfahren
In einem Kindergarten liegen die Spielsachen so, wie sie nach der Katastrophe zurückgelassen wurden. Die Gasmaske eines Kindes neben einer Puppe ist nur ein weiteres grausames Paradoxon: Eine Woche vor dem Atomunfall wurden die Kinder darin geschult, die Sicherheitsausrüstung gegen die atomare Gefahr zu benutzen. Doch am Tag des Unfalls wurde auf Anweisung der Parteiführung keine einzige Gasmaske benutzt.
  • 26.04.2024

Am 26. April 1986 erschüttert eine Explosion das Atomkraftwerk Tschornobyl. Eine radioaktive Wolke verseucht die Region und zieht über Europa. Ursache sind menschliches Versagen und technische Mängel.

mehr erfahren
Greenpeace and BUND Naturschutz Celebrate Nuclear Phase-out in Munich
  • 12.04.2024

Vor einem Jahr ging das letzte AKW in Bayern vom Netz. Strom aus erneuerbaren Energien hat deutschlandweit Atomstrom ersetzt. Nur der Freistaat hinkt hinterher. Warum ist das so?

mehr erfahren
Projektion für den Atomausstieg am Atomkraftwerk Isar 2 bei Nacht
  • 09.04.2024

Happy Birthday, Atomausstieg! Auch wenn ein Jahr nach dem deutschen Ausstieg vielerorts eine “Renaissance der Atomkraft” herbeigeredet wird, laut einer aktuellen Studie sprechen die Fakten dagegen.

mehr erfahren