Jetzt spenden

Archiviert | Inhalt wird nicht mehr aktualisiert

Der Reaktordruckbehälter ist versprödet. Die nur 70 Zentimeter dicke Reaktorkuppel hätte höchstens den Absturz eines langsam fliegenden Sportfliegers aufgehalten. Die Abschaltung verbessert die Sicherheit der Bevölkerung in der Region. Ein Beweis für den Atomausstieg ist das aber noch lange nicht, sagt Thomas Breuer, Atomexperte bei Greenpeace.

Im so genannten Atomkonsens hatten Bundesregierung und Industrie im Jahr 2000 für die deutschen Atomkraftwerke Laufzeiten von durchschnittlich 32 Jahren ausgehandelt. Obrigheim sollte Ende 2002 vom Netz gehen. Doch kurz nach der Bundestagswahl 2002 beantragte der Betreiber EnBW, die Laufzeit zu verlängern. Trotz der Gefahren für die Bevölkerung und des ohnehin industriefreundlichen Atomkonsenses knickte die Regierung ein, so dass Obrigheim bis heute 37 Jahre am Netz ist.

In diesen 37 Jahren hat der Reaktor rund 370 Tonnen hochradioaktiven Atommüll produziert. Beim Abriss werden weitere 2.500 Tonnen leicht- und mittelradioaktiver Atommüll entstehen. Bis heute gibt es für den Atommüll kein sicheres Endlager. Der Löwenanteil der abgebrannten Brennelemente ist in die Wiederaufbereitungsanlage nach La Hague in Frankreich gegangen. Diese Anlage gibt im Normalbetrieb so viel Radioaktivität ab, dass sie in Deutschland nicht genehmigungsfähig wäre.

Die Frage ist nun, wie wird Obrigheim ersetzt?, so Breuer. Erste Überlegungen seitens des Managements gehen dahin, alte Kohle- und Ölkraftwerke aus der Mottenkiste zu holen. Ein konkretes Konzept zum Ersatz von Obrigheim gab es bei der offiziellen Bekanntgabe der Abschaltung nicht, obwohl der Abschalttermin seit spätestens 2002 bekannt ist.

Es drängt sich der Verdacht auf, dass EnBW auf einen Regierungswechsel nach den Bundestagswahlen 2006 spekuliert, befürchtet Breuer. Denn der Abbau des Atomkraftwerkes soll erst 2007, nach den Bundestagswahlen, erfolgen.

Ein Konzept für den Stromersatz gibt es auch für andere Atomkraftwerke nicht, die im Rahmen des Atomkonsens vom Netz gehen sollen. Daher appelliert Greenpeace an die Bundesregierung, von den großen Stromversorgern EnBW, Vattenfall, RWE und E.ON konkrete Pläne einzufordern, wie der Atomstrom durch weniger Energieverschwendung und Erneuerbare Energien ersetzt werden soll.

Kurzfristig lässt sich die Abschaltung einzelner Atomkraftwerke zum Beispiel durch Stromimporte ausgleichen. Die Abschaltung aller deutschen AKWs erfordert jedoch ein Konzept für Ersatzkapazitäten. Ohne Masterplan zur umweltfreundlichen Umgestaltung der deutschen Stromerzeugung bleibt der Atomkonsens Makulatur, so Breuer.

Online-Mitmachaktion

https://act.greenpeace.de/eu-verbot-fossile-energien

Offener Brief: Neue fossile Energieprojekte in Europa verbieten

Wir alle müssen jetzt den klimatischen und ökologischen Notstand als die existenzielle Krise behandeln, die er ist. Unser Leben hängt davon ab. Deshalb fordern wir die EU-Institutionen dazu auf: Stoppt neue Öl- und Gasprojekte!

Jetzt unterzeichnen
0%
vom Ziel erreicht
0
haben mitgemacht
0%
Datum
Protesters holding yellow banner that says "defend the climate - not fussil fuels"

Mehr zum Thema

Projektion zum Atomausstieg am AKW Isar 2
  • 16.08.2024

Atomkraft ist nicht nur riskant, sondern auch keine Lösung für die Energiekrise. Am 15. April 2023 wurden die deutschen Atomkraftwerke darum endgültig abgeschaltet, nun wurden Kühltürme gesprengt.

mehr erfahren
Atommeiler in Cattenom
  • 19.06.2024

Atomenergie ist ein volkswirtschaftliches Risiko, so eine aktuelle Greenpeace-Studie. Die Rechnung für unkontrollierte Kostensteigerungen und massive Verzögerungen begleichen die Steuerzahlenden.

mehr erfahren
Nuclear Action at EnBW in Germany
  • 24.05.2024

Tausende von Jahren sollte das „Versuchsendlager“ im ehemaligen Salzbergwerk Asse II sicher sein. Knapp vier Jahrzehnte später säuft es durch Wassereinbrüche ab, die Schachtanlage droht einzustürzen.

mehr erfahren
In einem Kindergarten liegen die Spielsachen so, wie sie nach der Katastrophe zurückgelassen wurden. Die Gasmaske eines Kindes neben einer Puppe ist nur ein weiteres grausames Paradoxon: Eine Woche vor dem Atomunfall wurden die Kinder darin geschult, die Sicherheitsausrüstung gegen die atomare Gefahr zu benutzen. Doch am Tag des Unfalls wurde auf Anweisung der Parteiführung keine einzige Gasmaske benutzt.
  • 26.04.2024

Am 26. April 1986 erschüttert eine Explosion das Atomkraftwerk Tschornobyl. Eine radioaktive Wolke verseucht die Region und zieht über Europa. Ursache sind menschliches Versagen und technische Mängel.

mehr erfahren
Greenpeace and BUND Naturschutz Celebrate Nuclear Phase-out in Munich
  • 12.04.2024

Vor einem Jahr ging das letzte AKW in Bayern vom Netz. Strom aus erneuerbaren Energien hat deutschlandweit Atomstrom ersetzt. Nur der Freistaat hinkt hinterher. Warum ist das so?

mehr erfahren
Projektion für den Atomausstieg am Atomkraftwerk Isar 2 bei Nacht
  • 09.04.2024

Happy Birthday, Atomausstieg! Auch wenn ein Jahr nach dem deutschen Ausstieg vielerorts eine “Renaissance der Atomkraft” herbeigeredet wird, laut einer aktuellen Studie sprechen die Fakten dagegen.

mehr erfahren