- Nachricht
Archiviert | Inhalt wird nicht mehr aktualisiert
Der Kernphysiker Gueorgui Kastchiev, mit dem der Tagesspiegel sprach, leitete bis 2001 die bulgarische Aufsichtsbehörde für das AKW Kosloduj. Er war zudem 17 Jahre lang selbst dort beschäftigt. Kastchiev arbeitet heute im Institut für Risiskoforschung an der Universität Wien. Der Störfall ereignete sich bereits Anfang März, wurde aber von offizieller Seite heruntergespielt.
Das AKW Kosloduj ist berüchtigt. Von den ursprünglich sechs Reaktoren sind vier in Betrieb. Zwei wurden Anfang 2003 stillgelegt, zwei weitere sollen 2006 abgeschaltet werden - eine Bedingung der Europäischen Union für den Beitritt Bulgariens. Ersatz ist schon in Sicht. In der Erdbebenregion um Belene soll ein neues AKW entstehen. Ein erster Bau wurde bereits 1985 begonnen, aber wegen Umweltprotesten, mangelnder Wirtschaftlichkeit und Sicherheitsbedenken 1992 gestoppt. Die alten Fundamente sollen jetzt für den Neubau genutzt werden.
Am Standort Belene würde ein gefährlicher Mix aus alten Bauelementen und einer Mischung verschiedener Atomkraftwerkstechniken entstehen. Bulgarien wird damit zu einem riskanten Großversuchslabor für Atomkonzerne, so Jan Haverkamp, Atomexperte für Greenpeace in Osteuropa.
In Deutschland wäre ein solcher Bau nicht genehmigungsfähig. Was einen deutschen Atomkonzern nicht stören muss. In Presseberichten wird E.ON als möglicher Investor für Belene genannt. Das würde dem Fass den Boden ausschlagen. In Deutschland aus der Atomkraft aussteigen und sich gleichzeitig klammheimlich im Ausland an einem Neubau beteiligen, so Haverkamp.