Jetzt spenden
Solarthermische Anlage in Berlin, April 2004
Paul Langrock / Zenit / Greenpeace

Warum das EU-Beihilfeverfahren den Umstieg auf Erneuerbare Energien gefährdet

Archiviert | Inhalt wird nicht mehr aktualisiert

Gerade erst hat das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle über 2700 Genehmigungen für das kommende Jahr neu erteilt. "Greenpeace fordert seit Monaten, die Industrieprivilegien zu begrenzen", so Tobias Austrup, Energie- Experte bei Greenpeace. "Nur diejenigen Betriebe sollten begünstigt werden, die besonders energieintensive Produktionsprozesse betreiben und im internationalen Wettbewerb stehen."

EEG ist grundsätzlich mit EU-Recht vereinbar

Das EEG ist das legislative Rückgrat der Energiewende, es sorgt für einen rasanten Anstieg des Ökostromanteils im deutschen Stromnetz. Kern des Gesetzes sind Einspeisevergütungen für den grünen Strom. Die Förderkosten werden auf die Stromkunden umgelegt, mit Ausnahme der privilegierten (Groß)Industrie.

Grundsätzlich hat die EU-Kommission festgestellt, dass das deutsche System der Einspeisevergütungen ein politisch gut austariertes Konstrukt ist, das Mitnahmeeffekte und Überbezahlungen verhindert. Da in der europäischen Erneuerbaren-Energien-Richtlinie Einspeisetarife als ein mögliches Förderinstrument anerkannt sind, hält die Kommission das EEG grundsätzlich für vereinbar mit dem europäischen Recht.

EEG fördert Wettbewerb auf dem Strommarkt

Auch für die gemeinsamen europäischen Energie- und Klimaziele ist das EEG das wichtigste deutsche Instrument. Bis zum Jahr 2020 soll der Anteil Erneuerbarer Energien innerhalb der EU auf 20 Prozent steigen. Mithilfe des EEG ist dieses Ziel bei weiter hohem Ausbautempo zu erreichen. Dies gilt aber nicht nur für Deutschland, sondern auch für viele weitere europäische Staaten, die ähnliche Fördersysteme für den

Ausbau Erneuerbarer Energien umgesetzt haben.

Zudem befördert das EEG den Wettbewerb auf dem Strommarkt. "Statt eines Oligopols von vier großen Energiekonzernen produzieren inzwischen eine Million Menschen den Strom bei uns", so Austrup.

Der Spielball liegt nun bei der Bundesregierung. Innerhalb von vier Wochen kann sie eine Stellungnahme zum Verfahren abgeben. Darüber hinaus sollte Schwarz-Rot nun dringend die Industrieausnahmen europakonform reformieren. Denn eine Gefährdung des EEG aufgrund überbordender Industrieausnahmen können sich weder Deutschland noch Europa leisten. Schließlich ist das Gesetz das weltweit erfolgreichste Instrument für eine zügige Energiewende.

Neue Beihilfeleitlinien schnüren zu enges Korsett

Die EU-Kommission will bis Mitte nächsten Jahres über neue Beihilferichtlinien entscheiden. Einen Entwurf dieser Beihilferichtlinie hat Wettbewerbskommissar Almunia heute ebenfalls vorgestellt. Danach sollen Einspeisetarife, wie das deutsche EEG, in Zukunft nicht mehr möglich sein. Stattdessen wären nur noch Prämien auf den Strompreis, deren Höhe durch Ausschreibungen ermittelt würde sowie ein Zertifikatesystem gestattet. Jedoch wurden solche Fördersysteme noch in keinem EU-Mitgliedsstaat erfolgreich getestet. Experten sind zudem skeptisch, dass diese zu geringeren Kosten für den Ausbau Erneuerbarer Energien führen. Eher rechnen sie aufgrund erheblich steigender Investitionsrisiken mit höheren Kosten.

Hinzu kommt: Insbesondere kleine Investoren, wie Bürgerenergiegenossenschaften oder einzelne Bürger und Landwirte, wären bei solchen Systemen massiv benachteiligt. Aufgrund der steigernden Investitionsrisiken legen diese Modelle den Ausbau Erneuerbarer Energien vor allem in die Hände großer und finanzkräftiger Unternehmen. "Die Partizipation breiter Bevölkerungsschichten an der Energiewende wäre passé", befürchtet Austrup.

Was die Bundesregierung nun tun muss

Als ersten Schritt muss die Bundesregierung das System der Industrieausnahmen dringend reformieren und auf ein absolutes Minimum reduzieren.

In einem zweiten Schritt muss sich Schwarz-Rot dafür einsetzen, dass die neuen Beihilfeleitlinien den Mitgliedsstaaten mehr Freiheiten bei der Förderung Erneuerbarer Energien lassen, um den dezentralen Charakter der deutschen Energiewende sowie eine an die örtlichen Gegebenheiten angepasste Förderung zu ermöglichen. Die Bundesregierung sollte sich dabei auch die Unterstützung anderer Staaten sichern. Denn Einspeisetarife wie im deutschen EEG sind nicht nur hierzulande der Treiber der Energiewende, sondern in weiten Teilen der Europäischen Union.

Datum

Mehr zum Thema

Wärmepumpe
  • 26.09.2024

Wärmepumpen sind das A und O, um Heizen klimaneutral zu bekommen. Aber wie geht der Einbau? Was kostet das? Und ist so eine Wärmepumpe nicht laut? Hier finden Sie Antworten auf gängige Fragen.

mehr erfahren
Windpark at Haarberg
  • 17.07.2024

Bayern ist bei der Windenergie weiter Schlusslicht. Warum es so wenig Windkraft in Bayern gibt, weshalb und wo sie sinnvoll ist und wie Greenpeace Bayern Söder und Aiwanger auf die Finger schaut.

mehr erfahren
Sonnenblume und Windmühle in der Nähe von Wismar in Brandenburg.
  • 04.07.2024

Wie finde ich den richtigen Stromanbieter? Diese Frage stellen sich viele. Denn Stromgewinnung aus fossiler Energie schädigt das Klima und die Umwelt.

mehr erfahren
Aktive protestieren mit Windrädern gegen zu wenig Windkraftausbau in Bayern
  • 29.08.2023

Klimaneutralität bis 2040 – das hat sich die bayerische Landesregierung auf die Fahne geschrieben. Passiert ist bisher viel zu wenig, deshalb hijacken Greenpeace-Aktive ihre Fahne jetzt.

mehr erfahren
Flutwohnung Berlin, zerstörter Küchenschrank
  • 19.07.2023

Während die Politik lang und breit über Klimaschutz debattiert, zeigen Greenpeace-Aktive mit einer Flut-Installation, was Klimakrise in Deutschland bedeutet. Erst in Berlin, und nun in Hamburg.

mehr erfahren
Renewable Energy Farm in Germany
  • 05.07.2023

Die Energiewende könnte Bayern günstigen und klimafreundlichen Strom bringen und den Wirtschaftsstandort sichern. Doch seit Jahren arbeitet die Staatsregierung gegen den Ausbau der Windkraft.

mehr erfahren