Wirtschaftsminister schließt die Bürger von der Energiewende aus
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Ein Tempolimit für die Energiewende
Gabriel schlägt einen Korridor für den Ausbau der Erneuerbaren Energien vor. Bis zum Jahr 2035 soll ihr Anteil auf 55 bis 60 Prozent steigen. Das wäre ein Tempolimit für die Energiewende. Denn gegenüber der Europäischen Union hatte sich Deutschland schon zu einem zügigeren Ausbau verpflichtet. Und auch der Ausbau des Stromnetzes ist auf ambitioniertere Ziele ausgelegt. Was auch nottut, schließlich reicht der Ausbaukorridor nicht einmal, um die noch abzuschaltenden Atomkraftwerke zu ersetzen.
Ökonomisch ist vor allem ein Bremsen von Solarenergie und Windkraft an Land ebenfalls Unsinn. Die Entwicklung der vergangenen Jahre zeigt: Diese Ökoenergien haben den Wettlauf um die besten Technologien gewonnen und sind inzwischen annähernd so günstig zu haben wie der Strom aus neuen konventionellen Kraftwerken. Entsprechend sind sie nicht für steigende Kosten verantwortlich. Das Deckeln von Wind und Sonne bremst nicht die Strompreise sondern lediglich die Energiewende. Damit wird auch der Klimaschutz – neben dem Atomausstieg der Hauptgrund für die Energiewende – nicht schnell genug vorankommen.
Für Investoren schafft eine Obergrenze Unsicherheiten. Dies betrifft insbesondere die Windenergie, für die nun ein sogenannter atmender Deckel eingeführt wird. Eine solche automatische Vergütungskürzung bei starkem Ausbau gibt es bereits für die Photovoltaik. Das Problem bei der Übertragung des Systems auf die Windenergie: Das Planen und Bauen von Windrädern dauert viel länger als das Installieren von Solaranlagen. Durch Gabriels Modell weiß der Investor am Anfang nicht, zu welchen Bedingungen seine Anlage am Ende produzieren wird. Diese Unsicherheit wird viele Investoren aus Deutschland fern halten - und damit die Energiewende bremsen.
Ein Tempolimit für die Energiewende
Gabriel schlägt einen Korridor für den Ausbau der Erneuerbaren Energien vor. Bis zum Jahr 2035 soll ihr Anteil auf 55 bis 60 Prozent steigen. Das wäre ein Tempolimit für die Energiewende. Denn gegenüber der Europäischen Union hatte sich Deutschland schon zu einem zügigeren Ausbau verpflichtet. Und auch der Ausbau des Stromnetzes ist auf ambitioniertere Ziele ausgelegt. Was auch nottut, schließlich reicht der Ausbaukorridor nicht einmal, um die noch abzuschaltenden Atomkraftwerke zu ersetzen.
Ökonomisch ist vor allem ein Bremsen von Solarenergie und Windkraft an Land ebenfalls Unsinn. Die Entwicklung der vergangenen Jahre zeigt: Diese Ökoenergien haben den Wettlauf um die besten Technologien gewonnen und sind inzwischen annähernd so günstig zu haben wie der Strom aus neuen konventionellen Kraftwerken. Entsprechend sind sie nicht für steigende Kosten verantwortlich. Das Deckeln von Wind und Sonne bremst nicht die Strompreise sondern lediglich die Energiewende. Damit wird auch der Klimaschutz – neben dem Atomausstieg der Hauptgrund für die Energiewende – nicht schnell genug vorankommen.
Für Investoren schafft eine Obergrenze Unsicherheiten. Dies betrifft insbesondere die Windenergie, für die nun ein sogenannter atmender Deckel eingeführt wird. Eine solche automatische Vergütungskürzung bei starkem Ausbau gibt es bereits für die Photovoltaik. Das Problem bei der Übertragung des Systems auf die Windenergie: Das Planen und Bauen von Windrädern dauert viel länger als das Installieren von Solaranlagen. Durch Gabriels Modell weiß der Investor am Anfang nicht, zu welchen Bedingungen seine Anlage am Ende produzieren wird. Diese Unsicherheit wird viele Investoren aus Deutschland fern halten - und damit die Energiewende bremsen.
Sparen wie die Milchmädchen
Gabriel will den durchschnittlichen Vergütungssatz von 17 Cent pro Kilowattstunde auf 12 Cent senken. Klingt, als würde hier gewaltig gespart werden, ist aber eine ökonomische Blendgranate. Die genannten 17 Cent sind nämlich nicht die aktuelle durchschnittliche Vergütung sondern ein historischer Wert. In dieser Zahl sind auch uralte Solaranlagen enthalten, die gebaut wurden, als weit höhere Fördersätze für die damalige Pioniertechnologie galten. Inzwischen sind Erneuerbare Energien dramatisch günstiger geworden. Der Strom aus Wind-, Solar- oder Biogasanlagen, die im vergangenen Jahr gebaut wurden, wird heute mit ziemlich genau jenen 12 Cent pro Kilowattstunde vergütet, die der Wirtschaftsminister nun als Zielmarke ausruft. Gabriels Einsparträume sind also schon längst Realität. Soll hier womöglich eine schnelle Erfolgsgeschichte für den neuen Minister geschrieben werden?
Risiko rein, Bürger raus
Schön, dass die Erneuerbaren ganz ohne Gabriel günstiger geworden sind. Doof nur, dass sie mit ihm teurer werden. Die neuen Vermarktungspflichten drängen kleine Investoren wie einzelne Bürger oder Energiegenossenschaften aus dem Markt – aber gerade diese sind mit eher niedrigeren Renditeerwartungen zufrieden. Bislang führte die hohe Investitionssicherheit des EEG mit seinen festen Einspeisevergütungen dazu, dass Banken günstige Kredite für neue Wind- und Solaranlagen vergeben haben. Dies machte die Refinanzierung von Investitionen einfach und günstig. Wenn nun aber durch die verpflichtende Direktvermarktung mehr Risiko in das Investment kommt, bestehen die Banken bei Investoren auf mehr Eigenkapital und höheren Zinsen. So macht die Direktvermarktung die Energiewende nicht billiger, sondern den Ausbau Erneuerbarer Energien teurer.
Die neuen Regeln sind zugeschnitten auf große Unternehmen. Nur die können sich an den anspruchsvollen Ausschreibungen und der Direktvermarktung beteiligen. Die Energiewende wird also in Zukunft weniger von Bürgern und Genossenschaften getragen, sondern von den alten Konzernen der Energiewirtschaft. Es entstehen wieder Riesen am Strommarkt, die mit ihrer Marktmacht die Spielregeln diktieren.
Neue Vorfahrt für Kohle und Atom
Bislang haben die Erneuerbaren Energien Vorfahrt im Stromnetz und setzen die konventionellen Kraftwerke so unter Druck. Das ist politisch gewollt: Schließlich sollen Wind und Sonne mehr und mehr den Kohle- und Atomstrom ersetzen. Die neuen Vermarktungsregeln dagegen hebeln den Vorrang für Wind und Solar aus. Gibt es ein Überangebot an Strom und einen entsprechend negativen Börsenpreis, werden statt Kohle- und Atomkraftwerken die Erneuerbaren Energien abgeschaltet. Im Grunde hat Minister Gabriel eine Vorfahrtsregel für dreckige Energien entworfen. Das schwächt den Anreiz, den Kraftwerkspark so flexibel zu machen, dass er künftig auf das steigende Stromangebot von Sonne und Wind reagieren kann. Genau deshalb drängt die alte Energiewirtschaft auf die Vermarktungspflicht für den Ökostrom.
Flaute im Süden Deutschlands
Die Bundesländer im Süden und der Mitte Deutschlands wollen ihren Rückstand bei der Windkraft aufholen und sie kräftig ausbauen. Denn bislang sind sie Schlusslichter bei der Windenergie. Die Konzentration auf die guten Standorte, die Gabriel nun plant, ist in Wahrheit fast ein Ausschluss dieser Regionen. Dort bleiben fast nur noch ökologisch oft sensible Gebirgskämme als mögliche Standorte übrig. Die Regeln werden also dazu führen, dass in diesen Ländern die hohen Ausbauziele nicht erreicht werden und bei den verbleibenden Flächen auf ökologische Belange kaum noch Rücksicht genommen werden kann. Auch ökonomisch ist eine Beschränkung bei der Windenergie Unsinn – selbst an mittelguten Standorten ist sie ein wahrer Billigmacher der Energiewende. Hinzu kommt: Wird mehr Windstrom im Binnenland nahe den großen Verbrauchszentren der Industrie erzeugt, braucht es weniger Stromnetze und die Versorgungssicherheit steigt.
Unkonkret nur bei den Industriesubventionen
Viele Vorhaben zeichnet das Eckpunktepapier sehr detailliert vor. Vage bleibt das Papier nur bei der Reduzierung der ausufernden Subventionen für die Großindustrie. Statte klare Kriterien zu nennen, welche Unternehmen sich in Zukunft in welcher Höhe an den Kosten der Energiewende beteiligen müssen, beschränkt sich Gabriel darauf, Änderungsbereitschaft kundzutun und die Ausnahmeregelungen "europarechtskonform" auszugestalten. Nach monatelanger Diskussion über ungerechte Industrieausnahmen zulasten der restlichen Stromkunden ist diese Unentschlossenheit ein Armutszeugnis.
Wie es besser geht
Preissteuerung statt Ausbaubremse:
Eine Mengensteuerung ist der falsche Weg für die Energiewende. Daher sollte über den Preis gesteuert werden. Einspeisetarife müssen auskömmlich sein, dürfen aber auch nicht zu Überförderung führen. Daher gibt es durchaus Spielraum für Vergütungssenkungen an guten Windstandorten. Aber die Konzentration auf diese "guten" Windstandorte ist falsch. Stattdessen sollten auch Standorte unter einem Referenzertrag von 75 Prozent wirtschaftlich betreibbar sein, um die nachholende Entwicklung in südlichen Ländern zu unterstützen und die Versorgungssicherheit zu erhöhen.
Ökostrom zur Kundenversorgung:
Statt einer verpflichtenden Direktvermarktung auf Basis der Marktprämie – so wie Gabriel sie vorgeschlagen hat – sollte eine Direktvermarktung zur Endkundenversorgung entwickelt werden. So wird insbesondere Strom aus den fluktuierenden Erneuerbaren Energien Wind und Sonne zum Rückgrat der Versorgung. Indem die Stromversorger aktiv für ein Zusammenspiel von schwankendem Verbrauch und schwankender Einspeisung sorgen, können auch hohe Anteile fluktuierender Erneuerbarer Energien in eine gesicherte Versorgung eingebunden werden. Zudem entlastet eine solche Direktvermarktung die EEG-Umlage. Bislang geht beim Verkauf des EEG-Stroms an der Börse die "grüne Eigenschaft" verloren – entsprechend niedrig ist der Preis. Wird in einer Direktvermarktung zur Endkundenversorgung die "grüne Eigenschaft" beibehalten, steigt der Verkaufserlös und das EEG-Konto wird entlastet.
Ausschreibungen: Ohne Test zum Regelfall?
Zwar sind Ausschreibungen der falsche Weg, aber wenn die Regierung dieses Instrument unbedingt ausprobieren will, muss sie auch aus den Erfahrungen lernen. Bislang wurde im Koalitionsvertrag festgehalten, dass Ausschreibungen nur weiterverfolgt werden, wenn sich in den Pilotvorhaben herausstellt, dass diese kostengünstiger sind. Dahinter fällt das Gabriel-Papier zurück. Dort ist nur festgehalten, dass über die Erfahrungen "berichtet" werden soll. Scheinbar befürchtet inzwischen auch die Regierung, dass Ausschreibungen wohl eher teurer werden als Einspeisetarife. Um Ausschreibungen dennoch einführen zu können, will sie nun nicht mehr die Testergebnisse abwarten, sondern ab 2017 Ausschreibungen gleich zum Regelfall für alle Erneuerbaren Energien machen. Wenn Gabriel es mit der Kosteneffizienz ernst meint, muss er beweisen, dass seine neuen Instrumente die Energiewende billiger machen als die bewährten Einspeisetarife.
Biomasse flexibilisieren:
Bestehende und neue Biogasanlagen sollten auf den Strombedarf reagieren und nicht permanent Strom produzieren. Für alte Anlagen müssen dafür aber starke Anreize gesetzt werden. Dazu findet sich im Papier bislang aber nur sehr wenig Substanzielles.
Kosten gerecht verteilen: Die Privilegien der Großindustrie durch die "Besondere Ausgleichsregelung" und das Eigenstromprivileg sollten massiv gekürzt werden. Damit ließe sich die EEG-Umlage um etwa 1,6 Cent/kWh senken und eine faire Kostenverteilung herstellen. Tatsächlich stromintensive Produktionsprozesse, die im internationalen Wettbewerb stehen, werden dabei nach wie vor begünstigt. Privilegien dürfen ausschließlich für Unternehmen im intensiven internationalen Wettbewerb und nachweislicher Energieintensität gewährt werden. Diese Unternehmen müssen sich aber mit mindestens einem Cent pro Kilowattstunde an der Energiewende beteiligen. Denn das ist genau der Wert, um den ihre Stromkosten durch die gesunkenen Börsenstrompreise gefallen sind. Für den industriellen Eigenstrom aus Kohle und Gas darf es auch keine pauschale Befreiung mehr geben. Er muss sich auch an dieser neuen Kostenverteilung beteiligen.
Stromsteuer und Emissionshandel reformieren:
Die Stromsteuer unterscheidet derzeit nicht zwischen sauberen und dreckigen Energien. In Zukunft sollte die Stromsteuer Atomkraft und Braunkohle deutlich höher belasten. Stattdessen sollten umweltfreundliche Energieträger von der Steuer befreit werden. Dies kann für den Staatshaushalt aufkommensneutral gestaltet werden, lässt aber die EEG-Umlage deutlich sinken.
Um die steigende Verstromung der Kohle zu stoppen, muss der europäische Emissionshandel grundlegend reformiert und deutlich verschärft werden. Diese Reform muss zu einem CO2-Preis von mindestens 30 Euro pro Tonne führen. Dabei sollte auch ein Mindestpreis für CO2 festgelegt werden.