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Flammenbanner mit "Climate Crisis" an Fassade von EU-Gebäude in Brüssel
Philip Reynaers / Greenpeace

Beim Corona-Hilfspaket der EU will sich Erdgas Pfründe sichern

Diesen Monat stimmt das Europäische Parlament über das Corona-Hilfsprogramm der Europäischen Union ab. Mit Pech profitieren davon die Falschen.

Mal angenommen Sie hätten 672.500.000.000 Euro. Wie würden Sie die ausgeben? Diese Frage müssen sich aktuell die Volksvertreterinnen und Vertreter im Europäischen Parlament stellen. Sie stimmen diesen Monat über das Corona-Hilfsprogramm der Europäischen Union ab. 672,5 der insgesamt 750 Milliarden Euro im so genannten “Next Generation EU” Konjunkturprogramm sollen über die so genannte Aufbau- und Resilienzfazilität (engl. Recovery and Resilience Facility) abgewickelt werden. Das heißt, die EU vergibt Kredite an ihre Mitgliedstaaten, um die Wirtschaft nach der Coronakrise wieder anzukurbeln. Finanziert werden sollen in erster Linie Projekte in den Bereichen Klimaschutz, Umweltschutz und Digitalisierung. Dieses Geld soll bis Ende 2023 an die europäischen Mitgliedstaaten ausgezahlt werden.

Soweit, so gut - könnte man denken. Allerdings hat sich in den letzten Monaten bei aller grünen Rhetorik gezeigt, dass Vertreterinnen und Vertreter der fossilen Energiebranche alles daransetzen, damit sie vom Zukunftsgeld ein gehöriges Stück abbekommen. Es ist bislang keinesfalls ausgeschlossen, dass ein Teil dieses Geldes in klimaschädliche Industrien und Technologien fließt. Denn die Finanzierung von Kohle, Erdöl und Erdgas wird bislang nicht explizit ausgeschlossen.

Klimaschutz konterkariert

Die Abgeordneten im Europäischen Parlament, die jetzt an der Reihe sind über die 672,5 Milliarden Euro und damit den Löwenanteil des gesamten EU-Rettungsfonds zu entscheiden, stehen derzeit unter massiven Druck aus der Energiebranche, genauer den  Befürworterinnen und Befürwortern von Erdgas. Die Erdgasindustrie präsentiert sich als grüne Zukunftsbranche und preist ihr klimazerstörendes Geschäft als Alternative zur Kohle sowie als angebliche Brücke in eine klimafreundliche Energieversorgung an. Sie kämpft massiv für staatliche Unterstützung für neue Erdgasinfrastruktur wie Gaskraftwerke, Pipelines und Flüssiggas-Terminals. 

Greenpeace und andere NGOs haben in einem kürzlich veröffentlichten Bericht die intensive Lobbyarbeit der Gasindustrie in Brüssel aufgedeckt. Zum Höhepunkt der Pandemie trafen sich Lobbyist*innen der Erdgasindustrie im Durchschnitt drei Mal pro Woche mit Vertreter*innen der EU-Kommission.

Dabei ist Erdgas alles andere als der Weg in eine moderne Energieversorgung. Mehrere Studien haben nachgewiesen, dass Erdgas viel klimaschädlicher ist als lange angenommen wurde.. Erdgas heizt unser Klima an und hat keinen Platz im Energiemix der Zukunft - auch nicht mittelfristig. Vor allem braucht es keine Investitionen in neue Gas-Infrastruktur, die unsere Gesellschaft über Jahrzehnte an diesen alten Energieträger binden würde und so zum nächsten “Lock-in” in veraltete Strukturen führen würde. Denn die bestehende Infrastruktur reicht locker aus, um die Versorgung in Europa mit Erdgas jetzt und in naher Zukunft zu sichern. Jede neue Pipeline, jedes neue Kraftwerk und jeder neue Flüssiggas-Terminal ist eine Investition gegen den Klimaschutz und zementiert die Nutzung von fossilem Gas über Jahre. Es kann nicht sein, dass Gelder, die für den Aufbau einer grünen und widerstandsfähigen Gesellschaft und Wirtschaft in Europa gedacht sind, in Erdgas, Kohle oder Erdöl gesteckt werden. 

Abstimmung im EU Parlament

Die gute Nachricht ist, dass es noch nicht zu spät ist, die Pläne der fossilen Gasindustrie zu verhindern. Am 12. Oktober stimmte der Umweltausschuss des EU-Parlaments mutig und mit knapper Mehrheit dafür, Investitionen in fossile Brennstoffe aus der Aufbau- und Resilienzfazilität auszuschließen. Am 9. November stimmen dann der Haushaltsausschuss und der Ausschuss für Wirtschaft und Währung des Europäischen Parlaments ab. Noch im November wird sich voraussichtlich das gesamte Europäische Parlament mit dem Aufbauprogramm beschäftigen. Nur wenn das Europäische Parlament Finanzspritzen für die fossile Energieträger eine klare Absage erteilt, besteht die Chance, dass sie in der finalen Ausgestaltung der Aufbau- und Resilienzfazilität ausgeschlossen werden. Denn am Ende müssen sich Europäisches Parlament, Kommission und die Staats- und Regierungschef*innen der europäischen Mitgliedstaaten einigen.

Greenpeace fordert daher jede Abgeordnete und jeden Abgeordneten im Parlament auf, sich für den Ausschluss von Kohle, Öl und Gas stark zu machen und in der weiteren Abstimmung mit der EU-Kommission und dem Europäischen Rat sicherzustellen, dass die 672,5 Milliarden Euro für einen echten grünen Neustart stehen: dem Aufbau einer klimafreundlichen Wirtschaft und einem guten Leben für alle Menschen in Europa.

 

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