Jetzt spenden
Tagebau Welzow-Süd des Energiekonzerns Vattenfall, 2010
Jörg Gläscher / Greenpeace

Greenpeace fordert Einspruch der Politik gegen Vattenfalls Braunkohle-Verkauf

Archiviert | Inhalt wird nicht mehr aktualisiert

Update 12.10.2016: Der Kauf ist abgeschlossen. Seit dem 1. Oktober 2016 ist EPH offiziell Eigentümer der Lausitzer Braunkohletagebaue und -kraftwerke. Am 11. Oktober wurde der neue Firmenname bekannt gegeben: LEAG (Lausitz Energie Bergbau AG und Lausitz Energie Kraftwerke AG).  Hauptsitz soll Cottbus sein. Vorstandsvorsitzender ist Helmar Rendez, vormals Finanz-Vorstand bei Vattenfall. 

_________________________________________________________________________________

Schlechte Nachrichten zeichnen sich ab - nicht nur für den Klimaschutz sondern auch für die Lausitz und womöglich die deutschen Steuerzahler: Es sieht so aus, als sei der Deal des schwedischen Staatskonzerns Vattenfall mit dem tschechischen Energiekonzern EPH perfekt. Die schwedische Regierung hat bereits ihre Zustimmung signalisiert, die offizielle Bekanntgabe wird für diese Woche erwartet.

 Greenpeace fordert in einem offenen Brief die Ministerpräsidenten Sachsens und Brandenburgs auf, die Notbremse zu ziehen und gegen den Verkauf Einspruch zu erheben. „Vattenfalls Braunkohlesparte darf nicht an die Heuschrecke EPH verkauft werden, der Klimaschutz egal ist“, sagt Karsten Smid, Greenpeace-Experte für Klimaschutz. „Die Politik muss diesen dreckigen Deal auf Kosten der Menschen und des Klimas verhindern.“

 Wie ein Verlustgeschäft profitabel wird

 Vattenfall hat gute Gründe, sein Braunkohlengeschäft abzustoßen. Deutschland produziert dank des Zubaus an Erneuerbaren Energien so viel Strom, dass der Großhandelspreis an der Strombörse auf Tiefstand gesunken ist. Damit sind die großen Braunkohlekraftwerke nicht mehr profitabel, besonders vor dem Hintergrund der Kosten, die später für die Rekultivierung der verwüsteten Landschaft anfallen.

 EPH dagegen geht noch von einer Zukunft der Sparte aus - eine schlechte Nachricht für den Klimaschutz, weil der Konzern aus dem Revier noch jahrzehntelang alles rausholen dürfte, was die Braunkohle bietet. Schlecht für die Lausitz, weil nicht nur ihre Klimabilanz sondern auch ihre Landschaft für weitere Tagebaue zerstört würde. Und schlecht für die Steuerzahler, wenn EPH wie bereits im Falle des konzerneigenen Unternehmens Mibrag die Mittel für die Rekultivierung der Tagebaue drastisch kürzt. Die hohen Kosten bleiben dann im Zweifelsfall am Staat hängen.

Verschachtelt, undurchsichtig, verantwortungslos

 Der tschechische Konzern EPH gehört zum größten Teil Aktionären, die hinter Offshore-Firmen auf Zypern stehen. Er zeichnet sich durch verschachtelte, schwer nachvollziehbare Unternehmensstrukturen aus, die ausschließlich auf Gewinnabschöpfung und rücksichtslose Ausbeutung der Braunkohlevorkommen ausgerichtet sind. 

Wie das in der Praxis aussieht, hat sich im Fall des mitteldeutschen Energieunternehmens Mibrag gezeigt.  Kurz nach der Übernahme löste EPH Rückstellungen in Höhe von 130 Millionen Euro auf, die für die Beseitigung der Tagebaufolgen reserviert waren. Aus den Jahresabschlüssen 2009 bis 2014 geht hervor, dass der größte Teil des Geldes an den Investor floss, der damit innerhalb von wenigen Jahren die Kaufsumme von 404 Millionen Euro komplett refinanziert hatte.

Rückstellungslücke bekannt 

Aus dem Konzernabschlussbericht für 2014 der Mibrag-Mutter JTSD Braunkohlebergbau GmbH geht hervor, dass erst nach 2030 die „Akkumulation erheblicher Barreserven“ beginnen soll. Bis dahin muss das letzte Braunkohlekraftwerk schon vom Netz gegangen sein, wenn Deutschland seine Zusagen im Klimaschutz einhalten will. Gewinne wären voraussichtlich nicht mehr zu erwarten. Entsprechend unsicher ist, wie das Unternehmen die zu erwartenden hohen Folgekosten der Tagebaue wird decken können. 

Diese Gefahr hat JTSD auch erkannt: Wenn sich das notwendige Ausmaß an Sanierungstätigkeiten erhöhe oder die Rekultivierungskosten zu niedrig angesetzt seien, würden unter Umständen höhere Rückstellungen verlangt. „Darüber hinaus könnten wir verpflichtet werden, Rücklagen zu bilden. Außerdem könnten selbst diese erhöhten Rückstellungen oder Rücklagen nicht ausreichend sein, um die tatsächlichen Kosten der Rekultivierung oder Entschädigung an Dritte für Schäden an Grundbesitz zu decken.“ 

Der tschechische Energiekonzern EPH schlägt solche Warnungen in den Wind.

  • Protest am Braunkohlekraftwerk Jänschwalde 2015

    Vattenfall-Kraftwerk Jänschwalde

    Überspringe die Bildergalerie
  • Braunkohletagebau Welzow Süd

    Braunkohletagebau Welzow Süd

    Überspringe die Bildergalerie
Ende der Gallerie

Online-Mitmachaktion

https://act.greenpeace.de/eu-verbot-fossile-energien

Offener Brief: Neue fossile Energieprojekte in Europa verbieten

Wir alle müssen jetzt den klimatischen und ökologischen Notstand als die existenzielle Krise behandeln, die er ist. Unser Leben hängt davon ab. Deshalb fordern wir die EU-Institutionen dazu auf: Stoppt neue Öl- und Gasprojekte!

Jetzt unterzeichnen
0%
vom Ziel erreicht
0
haben mitgemacht
0%
Datum
Protesters holding yellow banner that says "defend the climate - not fussil fuels"

Mehr zum Thema

Braunkohlekraftwerk Lippendorf: Kühltürme und Schornsteine mit Rauch, davor Bagger im Braunkohletagebau
  • 19.11.2024

Die Lausitzer Kohlegruben der Leag zu renaturieren, wird Milliarden kosten. Das Unternehmen des Multimilliardärs Daniel Křetínský legt viel zu wenig Geld zurück. Wälzt er die Kosten auf den Osten ab?

mehr erfahren
Protest at CCS trade fair in Hamburg
  • 13.11.2024

CO2 unter dem Meer verstecken ist der Plan der Regierung. Doch "Carbon Capture and Storage" ist eine Scheinlösung – sie bremst die Energiewende und ermöglicht der fossilen Industrie ein ‚Weiter so‘.

mehr erfahren
Martin Kaiser auf der Demo in Lützerath
  • 18.01.2023

Das Dorf Lützerath ist nun dem Erdboden gleichgemacht. Wie geht es jetzt weiter mit dem Klimaschutz, der Klimapolitik und der Klimabewegung? Fragen an Greenpeace-Chef Martin Kaiser.

mehr erfahren
35.000 Menschen demonstrieren gegen die Räumung von Lützerath
  • 16.01.2023

Trotz des Protests zehntausender Menschen, trotz tagelanger mutiger Aktionen ist Lützerath nun geräumt. Der Abriss schreitet schnell voran. Doch fürs 1,5 Gradziel darf die Kohle nicht verheizt werden.

mehr erfahren
Auszug aus den NRE-Papieren
  • 22.09.2022

Interne Papiere des NRW-Bauministeriums verstärken den Verdacht auf Zweckentfremdung von Fördermitteln. Laut Greenpeace-Recherche sollen belastete Industrieflächen mit Steuergeldern saniert werden.

mehr erfahren
Mit einer roten Linie zwischen Lützerath und dem Braunkohletagebau Garzweiler  protestieren Greenpeace-Aktivist:innen gegen die Zerstörung des Dorfes durch den Kohlekonzern RWE. Auf  einer Feuerlinie steht "1,5°C LIMIT", auf Bannern ist zu lesen "1,5°C bedeutet: Lützerath bleibt".
  • 20.12.2021

Ganz Deutschland macht Weihnachtsferien. Ganz Deutschland? Nein! Ein kleines Dorf am Rande des Tagesbaus Garzweiler hört nicht auf, der Kohle-Lobby Widerstand zu leisten. Ein Bericht aus Lützerath.

mehr erfahren