Jetzt spenden
Lena Mucha/Greenpeace

Klima-Appell an Kanzlerkandidat mit Flut-Müll von der Erft vor der Parteizentrale

Der Einsatz nach der Klimaflut an der Erft hat bei Ingrid Boitin einen tiefen Eindruck hinterlassen. Mehrere Tage war sie während der Katastrophe vor Ort. Gemeinsam mit anderen Helferinnen und Helfern von Greenpeace packte sie an, um beim Aufräumen in den verwüsteten Gemeinden zu helfen - an dem beschaulichen Flüsschen, dass nach den Starkregenfällen im Juli zu einem reißenden Strom geworden war. “Es herrschte dort wirklich Weltuntergangsstimmung”, erinnert sie sich. “Die Zerstörung, der Schlamm überall und mittendrin die traurigen und verzweifelten Menschen. Ich habe so etwas noch nie erlebt.”

Heute morgen haben Ingrid Boitin und 14 weitere Aktivistinnen und Aktivistinnen von Greenpeace mit rund zehn Kubikmetern zerstörtem Hausrat aus dem Flutgebiet vor der SPD-Zentrale in Berlin demonstriert, um den sozialdemokratischen Spitzenkandidaten Olaf Scholz aufzufordern, seine Wahlversprechen als selbsternannter “Klimakanzler” einzulösen. Mit dem Müll wollen sie zum Endspurt der Koalitionsverhandlungen die Erinnerung an das Leid der Menschen und die zerstörerischen Folgen der Klimakatastrophe in die Hauptstadt tragen, um den designierten Regierungschef an seine besondere Verantwortung im Kampf gegen die Klimakrise zu erinnern.  

Scholz muss Versprechen zum Klimaschutz Taten folgen lassen

Um den stählernen SPD-Würfel vor dem “Willy-Brandt-Haus” haben die Aktivist:innen verschmutzte Möbel, Elektrogeräte und Spielzeuge aus einem zerstörten Haus aufgebaut. In einem TV-Gerät laufen Bilder von Überflutungen, Waldbränden und Dürren aus aller Welt. Auf einem Banner fordern sie: „Scholz, pack das an: Klimaschutz jetzt!“. Im Wahlkampf hatte der SPD-Kandidat sich mit dem Slogan “Scholz packt das an” als “Klimakanzler” präsentiert.

Doch in den Koalitionsverhandlungen ist von einem anpackenden Olaf Scholz bislang so gut wie nichts zu sehen - und das liegt nicht allein daran, dass die Verhandlungen vertraulich geführt werden. Bereits im Sondierungspapier haben die möglichen Koalitionär:innen voreilig wirksame Maßnahmen zum Klimaschutz, wie etwa ein Tempolimit, ausgeschlossen. Der Ausstieg aus der Kohleverbrennung soll bislang nur “idealerweise” auf 2030 vorgezogen werden. Wie lange noch neue Autos mit Verbrennungsmotoren zugelassen werden bleibt ebenso vage wie eine Erhöhung des CO2-Preises oder die Abschaffung klimaschädlicher Subventionen.

“Dabei sind Klima- und Naturschutz die zentrale Aufgaben der kommenden Regierung, aber in den Koalitionsverhandlungen wird an vielen Stellen gebremst”, sagt Greenpeace-Energieexperte Jonas Ott. “Olaf Scholz muss seinem Versprechen, als Klimakanzler zu regieren, nun Taten folgen lassen. Er steht in der Verantwortung, die im Klimaschutzgesetz vorgegebenen Verpflichtungen zu erfüllen und Deutschland auf den 1,5-Grad-Pfad zu bringen.”  

Klimaschäden in Deutschland drohen unbezahlbar zu werden

Den zerstörten Hausrat hatten Ingrid Boitin und andere freiwillige Helfer:innen von Greenpeace nach der Katastrophe im Juli aus dem Haus einer Familie an der Erft geräumt und abtransportiert. Die betroffene Familie hat zugestimmt, die künftige Regierung mit dem Schutt an ihre Verantwortung zu erinnern, ähnlichen Katastrophen künftig mit einer besseren Klimapolitik vorzubeugen. 

Denn bleibt die neue Bundesregierung ebenso untätig wie ihre Vorgängerinnen, wird es für uns alle teuer: Allein der Wiederaufbau nach der Klimaflut in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz wird mehr als 30 Milliarden Euro kosten. „Jeder Euro, den die Bundesregierung gegen die Klimakrise einsetzt, erspart zukünftig menschliches Leid und die unbezahlbaren Kosten eines Klimakollapses“, sagt Jonas Ott. „Deutschland kann es sich nicht leisten, fossile Brennstoffe weiterhin mit Milliarden zu subventionieren. Ein Klimakanzler sollte dafür sorgen, dass diese Mittel umgehend für nachhaltige Zukunftsinvestitionen verwendet werden.“ 

Laut Umweltbundesamt belaufen sich die umweltschädlichen Subventionen auf 65 Milliarden Euro jährlich. Damit ließen sich dringend notwendige Investitionen in Klimaschutz finanzieren, die von der Denkfabrik Agora Energiewende und dem Forum New Economy in einer aktuellen Analyse bis 2030 auf 460 Milliarden Euro beziffert werden.

Online-Mitmachaktion

https://act.greenpeace.de/eu-verbot-fossile-energien

Offener Brief: Neue fossile Energieprojekte in Europa verbieten

Wir alle müssen jetzt den klimatischen und ökologischen Notstand als die existenzielle Krise behandeln, die er ist. Unser Leben hängt davon ab. Deshalb fordern wir die EU-Institutionen dazu auf: Stoppt neue Öl- und Gasprojekte!

Jetzt unterzeichnen
0%
vom Ziel erreicht
0
haben mitgemacht
0%
Datum
Protesters holding yellow banner that says "defend the climate - not fussil fuels"

Mehr zum Thema

Braunkohlekraftwerk Lippendorf: Kühltürme und Schornsteine mit Rauch, davor Bagger im Braunkohletagebau
  • 19.11.2024

Die Lausitzer Kohlegruben der Leag zu renaturieren, wird Milliarden kosten. Das Unternehmen des Multimilliardärs Daniel Křetínský legt viel zu wenig Geld zurück. Wälzt er die Kosten auf den Osten ab?

mehr erfahren
Protest at CCS trade fair in Hamburg
  • 13.11.2024

CO2 unter dem Meer verstecken ist der Plan der Regierung. Doch "Carbon Capture and Storage" ist eine Scheinlösung – sie bremst die Energiewende und ermöglicht der fossilen Industrie ein ‚Weiter so‘.

mehr erfahren
Martin Kaiser auf der Demo in Lützerath
  • 18.01.2023

Das Dorf Lützerath ist nun dem Erdboden gleichgemacht. Wie geht es jetzt weiter mit dem Klimaschutz, der Klimapolitik und der Klimabewegung? Fragen an Greenpeace-Chef Martin Kaiser.

mehr erfahren
35.000 Menschen demonstrieren gegen die Räumung von Lützerath
  • 16.01.2023

Trotz des Protests zehntausender Menschen, trotz tagelanger mutiger Aktionen ist Lützerath nun geräumt. Der Abriss schreitet schnell voran. Doch fürs 1,5 Gradziel darf die Kohle nicht verheizt werden.

mehr erfahren
Auszug aus den NRE-Papieren
  • 22.09.2022

Interne Papiere des NRW-Bauministeriums verstärken den Verdacht auf Zweckentfremdung von Fördermitteln. Laut Greenpeace-Recherche sollen belastete Industrieflächen mit Steuergeldern saniert werden.

mehr erfahren
Mit einer roten Linie zwischen Lützerath und dem Braunkohletagebau Garzweiler  protestieren Greenpeace-Aktivist:innen gegen die Zerstörung des Dorfes durch den Kohlekonzern RWE. Auf  einer Feuerlinie steht "1,5°C LIMIT", auf Bannern ist zu lesen "1,5°C bedeutet: Lützerath bleibt".
  • 20.12.2021

Ganz Deutschland macht Weihnachtsferien. Ganz Deutschland? Nein! Ein kleines Dorf am Rande des Tagesbaus Garzweiler hört nicht auf, der Kohle-Lobby Widerstand zu leisten. Ein Bericht aus Lützerath.

mehr erfahren