Brasilien: Protest gegen Rousseffs Entscheidung
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Dilma Rousseff hat entschieden, Greenpeace-Aktivisten haben geantwortet: mit Protest. Kletterer entfalteten Protestbanner an Kränen im Hafen und an Bord des Frachters Clipper Hope. Die brasilianische Präsidentin hatte am 25. Mai nur ein laues Teil-Veto gegen das neue Waldgesetz eingelegt - eine herbe Enttäuschung nicht nur für Umweltschützer, sondern auch für die Mehrheit der Bevölkerung.
Die Clipper Hope hatte tagelang vor der Hafeneinfahrt auf Reede gelegen. Mittlerweile hat sie an der Pier festgemacht, um ihre Ladung aufzunehmen. Greenpeace-Aktivisten gingen mit der Rainbow Warrior längsseits und setzten mit Seilen auf den Frachter über.
Dilma Rousseff hat entschieden - nur was genau?
26. Mai: Am Freitagnachmittag hat die brasilianische Präsidentin über das neue Waldgesetz entschieden - und hat versagt. Rund 80 Prozent der Brasilianer/innen hatten sich für ein Veto gegen das Gesetz ausgesprochen. Rousseff legte ihr Veto nur gegen 12 der 84 neu vorgeschlagenen Artikel des Waldgesetzes ein und veränderte einige weitere. Einzelheiten sollen am 29. Mai bekannt gegeben werden. Klar ist bisher, dass sie zumindest jenen Artikel abgelehnt hat, der das illegale Roden des Urwaldes bis zum Jahre 2008 straffrei stellen sollte.
Statt den nun vorliegenden Gesetzestext erneut zu überarbeiten, sollte die Präsidentin Brasiliens endlich ein echtes Schutzgesetz für den größten Tropenwald der Erde unterstützen. Eine Initiative für ein Gesetz, das das Ende der Entwaldung des Amazonas Regenwaldes festschreibt, ist auf dem Weg und hat bereits in zwei Monaten über 250.000 Unterstützer in Brasilien gefunden, sagt Oliver Salge, Waldexperte bei Greenpeace.
Daran sollte sich Dilma Rousseff orientieren. Dann würde sie mit einer zukunftsweisenden Idee zur Umweltkonferenz nach Rio Ende Juni gehen, Salge weiter. Nun ist sie Gastgeberin der größten Umweltkonferenz der letzten Jahre und hat vor der Agrarlobby kapituliert und die Chance verpasst, den Amazonas wirklich zu schützen.
Warten auf die Entscheidung
25. 5.: Angespanntes Warten im Hafen von Sao Luis, in ganz Brasilien, aber auch international: Wird die brasilianische Präsidentin Wort halten und ihr Veto gegen das neue Waldgesetz einlegen? Die Greenpeace-Aktivisten haben ihren Protest auf der Ankerkette vorerst eingestellt. Ob und wie sie weitermachen, hängt von Dilma Rousseffs Entscheidung ab. Denn an ihrem Veto hängt das weitere Schicksal des Amazonas-Regenwalds. Zehn Tage lang hatten Aktivistinnen und Aktivisten sich abgelöst, um an der Ankerkette des Frachters Clipper Hope gegen die Zerstörung des Amazonas-Regenwalds für Holzkohle zu protestieren. Die Clipper Hope soll Roheisen in die USA verfrachten, das mithilfe dieser Holzkohle hergestellt wurde.
Das neue Waldgesetz hat schon im Vorfeld zu massiver Abholzung geführt und würde diese Zerstörung weiter anheizen. Das Gesetz hat bereits alle parlamentarischen Hürden in Brasilien genommen. Jetzt kann nur noch Rousseff mit ihrem Veto das Schlimmste verhindern.
Schichtwechsel auf der Ankerkette der Clipper Hope
22. Mai: Erneuter Wachwechsel beim Protest an der Clipper Hope im Hafen von Sao Luis, Brasilien. Q'orianka Kilcher wird abgelöst. Die Schauspielerin und Menschenrechtsaktivistin hat sich dem Protest der Greenpeace-Aktivisten gegen Urwaldzerstörung für Roheisen angeschlossen.
Inspiriert fühle sie sich und stolz auf die jungen Greenpeace-Aktivisten auf der Ankerkette, hatte Kilcher am 20. Mai auf Twitter geschrieben. Sie war gerade in Brasilien und beschloss spontan mitzumachen.
Die Clipper Hope liegt vor dem Hafen auf Reede und wartet darauf, anlegen und ihre Ladung an Bord nehmen zu können: Roheisen, hergestellt mit Holzkohle aus dem Amazonas-Regenwald. Das Roheisen wird zu Stahl verarbeitet und geht unter anderem an Autokonzerne wie BMW oder Mercedes.
In der Nähe des Frachtschiffes ankert das Greenpeace-Schiff Rainbow Warrior. Es ist Start- und Stützpunkt der Aktivistinnen und Aktivisten. Seit Montag vergangener Woche wechseln sie sich ab, um gegen Zerstörung und menschenunwürdige Arbeitsbedingungen im Regenwald zu protestieren. Auch Paulo Adario, der die Urwaldkampagne des brasilianischen Greenpeace-Büros leitet, hat eine Schicht übernommen. Erst im Februar 2012 wurde er von den Vereinten Nationen als Forest Hero ausgezeichnet.
Brasiliens Regenwald - zerstört für die Stahlproduktion
15. Mai: Ein neuer Greenpeace-Report belegt, dass der Amazonas-Regenwald nicht nur durch Ackerbau und Viehzucht gefährdet ist. Ganze Wälder werden gefällt, um Holzkohle für die Produktion von Roheisen zu gewinnen. Der daraus hergestellte Stahl geht an Autokonzerne wie Ford, BMW oder Mercedes.
Die Zerstörung für Holzkohle ist abermals ein Beispiel dafür, dass Brasiliens Präsidentin Dilma Rousseff dem Schutz des Regenwaldes dringend wieder mehr Gewicht geben muss, sagt Oliver Salge, Waldexperte bei Greenpeace. Konkret heißt es, dass sie das vorliegende neue Waldgesetz nicht akzeptieren darf. Sonst wird auch für die Eisenherstellung immer mehr vom einzigartigen Amazonas vernichtet.
Existenzielle Gefahr für indigene Völker
Der Greenpeace-Report zeigt die Wege des Rohmaterials auf. Ein Großteil der Holzkohle wird in den nordostbrasilianischen Bundesstaaten Para und Maranhao in kleinen abgelegenen Camps hergestellt. Häufig werden dabei Indianergebiete zerstört. Auch auch vor sklavereiähnlichen Arbeitsverhältnissen wird nicht haltgemacht.
Zahlreiche indigene Völker in der Region Nordostpara und Maranhao leiden unter der Holzkohleherstellung. Das 400 Köpfe kleine Volk der Awa-Guaja lebt völlig isoliert als Jäger und Sammler im Grenzgebiet der Provinzen Para und Maranhao. Erst vor 40 Jahren wurden sie erstmals kontaktiert. Heute ist ihr Überleben extrem bedroht. Holzfäller haben knapp ein Drittel ihres Landes zerstört.
Vom Holz zum Stahl zum Automobil
Das Holz wird illegal gefällt. Die daraus hergestellte Holzkohle dient später dem Eisenhersteller Viena zum Schmelzen von Eisenerz. Viena ist einer der ältesten und größten Roheisenhersteller in Maranhao. Das Unternehmen beliefert US-amerikanische Stahlkocher, unter anderem den Stahlhersteller Severstal in Columbus, Mississippi, der nach eigenen Aussagen Autohersteller wie BMW, Ford oder Mercedes zu seinen Kunden zählt.
Brasiliens neues Waldgesetz - eine Gefahr für den Regenwald
Das brasilianische Parlament hat vor zwei Wochen ein neues Waldgesetz verabschiedet. Es sieht unter anderem vor, Farmer zu amnestieren, die in den letzten Jahren den Regenwald illegal zerstört haben. Auch werden Schutzzonen an Wasserläufen reduziert und der bisherige Schutz des Waldes stark eingeschränkt. Millionen Hektar Regenwald sind bedroht, wenn dieses neue Waldgesetz in Kraft tritt. Brasiliens Präsidentin Dilma Rousseff hat bis zum 25. Mai Zeit, ihr Veto einzulegen. Dies hat sie im Vorfeld und während der Parlamentsdebatten wiederholt zugesagt.
Präsidentin Rousseff muss ihr Wort halten und ihr Veto einlegen. Alles andere wäre eine Katastrophe für den Regenwald, die Menschen und Tiere des Waldes, aber auch für unser Klima, sagt Salge.
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