An den Rändern des Horizonts: neue Fotoshow von Markus Mauthe
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Für seine Fotos reist Markus Mauthe seit 30 Jahren in entlegene Gebiete. Entstanden sind faszinierende Bilder, die die Vielfalt und Schönheit unseres Planeten zeigen. Vor drei Jahren ist der Fotograf zu einem neuen Projekt aufgebrochen: Nicht die Natur, sondern die Menschen, die dort leben, standen diesmal im Vordergrund. „Ich wollte die ungeheure Anpassungsfähigkeit des Menschen darstellen“, erklärt Mauthe. „Dafür war ich in Afrika, in Asien, am Nordpolarkreis und in Südamerika. Ich versprach mir eine Fülle an spannenden Geschichten und Motiven. Denn das Leben im heißen Tropenwald erfordert ganz andere Fähigkeiten als das Überleben bei 50 Grad unter Null im arktischen Norden.“
Zurückgekommen ist er tief beeindruckt, aber auch voller Sorge. Denn gerade die Menschen, die in und mit der Natur leben, sind zunehmend mit deren Zerstörung konfrontiert. Seine Erlebnisse hat Mauthe in seiner neuen Fotoshow „An den Rändern des Horizonts“ zusammengestellt, mit der er ab dem 13. November 2018 durch Deutschland tourt. Den Besucher erwarten spannende Geschichten, beeindruckende Bilder und Videosequenzen – seine letzte Fotoshow „Naturwunder Erde“ begeisterte 95.000 Menschen in über 400 Vorstellungen.
Einen Überblick über die kostenlosen Shows finden Sie hier. Im Interview gibt Mauthe einen Eindruck von seiner Reise.
Greenpeace: Sie haben für dieses Projekt 13 Reisen unternommen und 22 indigene Gemeinschaften besucht. Gestartet sind sie in Afrika – dort, wo Sie schon mal waren.
Markus Mauthe: Ich habe das Projekt mit dem südlichen Afrika begonnen, weil es mir von meiner ersten Afrikareise Anfang der Neunzigerjahre vertraut war. Da bisher Landschaften und Tiere mein Metier waren, hatte ich durchaus Respekt vor der Herausforderung, mich nun drei Jahre lang mit Menschen zu beschäftigen. Da tat es gut, nicht mit etwas gänzlich Unbekanntem zu beginnen, und so habe ich die San und Himba besucht.
Schon diese erste Reise hat gezeigt, was sich dann wie ein roter Faden durch die gesamte Arbeit gezogen hat: Die Welt ist in einem rasanten Wandel. Die Kultur der San findet praktisch nur noch in Schaudörfern für Touristen statt, und die Himba kämpfen im nördlichen Namibia um das Überleben ihrer Rinder, weil es in dieser sowieso schon trockenen Gegend immer weniger regnet.
Welche Begegnungen haben Sie besonders berührt?
Im Omo-Tal im Süden Äthiopiens werden massiv Industrieprojekte angeschoben. Landraub in großem Stil ermöglicht Zuckerrohrfelder riesigen Ausmaßes. Diese müssen bewässert werden, weshalb der Fluss Omo seit kurzem mit Staudämmen gezähmt wird. In diesem Gebiet leben verschiedene Ethnien auf relativ kleiner Fläche zusammen. Eine davon ist die Gruppe der Dasanech. Die Existenz dieser Menschen ist stark durch die Staudämme bedroht. Die Regenzeit brachte jährliche Überschwemmungen, mit denen der Fluss wichtige Mineralien über ihre Felder gespült hat. Diese wird es in Zukunft nicht mehr geben, was praktisch die Lebensgrundlage der Dasanech zerstört.
Immer öfter sieht man im Omo-Tal die weißen Zelte der Welthungerhilfe. „Wir brauchen eure Hilfe nicht! Wir benötigen nur das Wasser aus unserem Fluss“, fasste eine Dasanech die Situation zusammen. Das ist einer der Schlüsselmomente des gesamten Projektes für mich gewesen. Bringt er doch auf den Punkt, was ich an so vielen anderen Stellen der Erde auch beobachten konnte: Das Schicksal einiger wird dem Profit geopfert.
Welche Umwelt- und Klimaprobleme konnten Sie auf ihren Reisen beobachten?
Als wir im Norden Russlands waren, ist das arktische Packeis sechs Wochen früher aufgebrochen als üblich. In vielen Teilen Afrikas leiden die Menschen unter Dürre, weil es immer weniger regnet.
Ich habe im Südsudan für ganz kurze Zeit erlebt, was es bedeutet, keinen Zugang zu gutem Trinkwasser zu haben. Es war ein echter Alptraum, aus dem ich erwachen durfte, aber Millionen Menschen eben nicht.
Als ich in den Randbereichen des Amazonas unterwegs war, haben in Brasilien über 200.000 Feuer gebrannt, meistens durch Menschen gelegt. Nur, um an noch mehr Weideland für Rinder und Anbauflächen für Soja zu gelangen.
Welches Fazit ziehen Sie nach Ihrer Reise?
Nach dem Besuch der indigenen Völker ist mir bewusst geworden, dass wir uns in der Zeit eines massiven Kulturverlustes befinden. Noch sind sie da, die faszinierenden Formen und Farben, die sich in den Kleidern, dem Schmuck und den Hautverzierungen der Himba, Karo, Mehinaku, Padaung, Mursi und vielen anderen Ethnien überall auf dem Erdball finden. Aber das Zeitfenster schließt sich.
Dass die Vielfalt der Kulturen verschwindet, kann man bedauern, ist aber nicht aufzuhalten. Dass mit dem zügellosen Verbrauch unserer endlichen Ressourcen vielen Menschen ein Wandel aufgezwungen wird, den sie in dieser Form zumeist nicht wollen, ist nicht akzeptabel.
Haben Eindrücke wie die, die Sie geschildert haben, Sie schon einmal zu einem entscheidenden Wendepunkt in Ihrer Arbeit als Fotograf geführt?
Die Zusammenarbeit mit Greenpeace war eine ganz bewusste Entscheidung, die ich vor sechzehn Jahren getroffen habe. Ich war an einem Punkt angelangt, an dem ich es nicht mehr verantworten konnte, nur zum Selbstzweck unterwegs zu sein. Es fühlte sich einfach nicht mehr richtig an, den Leuten mit schönen Bildern eine vermeintlich heile Welt zu präsentieren.
Oft sind ja die kleinen Geschichten ein Spiegelbild des großen Ganzen. Deshalb ist auch für Greenpeace das aktuelle Projekt über die indigenen Gemeinschaften relevant. Ihre Lebensräume werden massiv bedroht durch Abholzung, Überfischung, Staudämme, die Suche nach Öl, Gas und anderen Rohstoffen und durch die weltweite Intensivierung der Landwirtschaft. Hinzu kommen die Auswirkungen des Klimawandels. Mit meiner Arbeit versuche ich, diesen Menschen eine Stimme zu geben, weil sie viel zu oft ungehört bleiben. Ich hoffe, dass meine Bilder und Geschichten zum Nachdenken darüber anregen, auf welche Art und Weise und mit welchen Werten wir in Zukunft eben wollen.