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Greenpeace-Recherche deckt Schadstoffrisiko durch Bohrplattform vor Borkum auf
Die Nordsee ist Heimat zahlreicher mariner Lebensformen und einzigartiger Ökosysteme. Bereits im April 2023 konnte Greenpeace aufdecken, wie ein Gutachten vom niedersächsischen Umweltministerium zu Gasbohrungen vor Borkum vom geheim gehalten wurde. Doch unsere aktuelle Recherche zeigt, dass genau diese empfindlichen Meeresgebiete durch eine geplante Bohrplattform vor Borkum gefährdet sind. Eine Simulation mit Bojen offenbart das Ausmaß der möglichen Schadstoffausbreitung, sollte es zu einer Havarie kommen.
Um die potenziellen Umweltauswirkungen der geplanten Bohrstelle N05a zu untersuchen, fuhren Greenpeace-Rechercheur:innen mit einem Boot in die Nähe der Bohrstelle. Drei Bojen mit GPS-Empfängern, die ihre Position per Satellit ans Investigativteam senden, wurden so in der Nordsee ausgesetzt, dass dabei die Strömungsverhältnisse in unterschiedlichen Gezeiten berücksichtigt werden konnten.
Die genauen Positionen und Zeiten des Aussetzens waren wie folgt:
- Boje 22431 - 6. September - 15:30h - N53°41.191' E06°21.756'
- Boje 22493 - 7. September - 13:26h - N53°41.125' E006°21.517'
- Boje 22497 - 8. September - 12:34h - N53°41.151' E006°21.634'
Diese Methode ermöglichte es, detaillierte Daten zu erheben und die mögliche Ausbreitung von Schadstoffen zu simulieren. Unsere Rechercheur:innen verfolgten die Bewegungen der Bojen in Echtzeit und dokumentierten, wie diese durch die Strömungen getrieben wurden. Bereits nach 24 Stunden trieben zwei von ihnen in die Nähe eines Steinriffs beim Windparks Riffgat.
Ausbreitungssimulation von Schadstoffen vor Borkum
Innerhalb von 48 Stunden trieb die Strömung alle Bojen ins Naturschutzgebiet Borkum Riffgrund. Diese Erkenntnisse stehen im Widerspruch zu den Angaben des niederländischen Unternehmens One-Dyas. Das Energieunternehmen hat in seiner Umweltverträglichkeitsprüfung angegeben, dass die benachbarten Naturschutzgebiete nicht durch erhöhte Schadstoffkonzentrationen gefährdet würden. Unsere Recherche zeigt, dass diese Behauptung unhaltbar ist.
Nicht nur im Falle eines Unfalls sind die empfindlichen Ökosysteme gefährdet. Auch im Normalbetrieb können toxische Stoffe wie Benzol, Naphtalin, Cadmium und Quecksilber nicht vollständig aufgefangen und gefiltert werden. Über die geplante Produktionsdauer von 15 bis 35 Jahren können auch geringe Schadstoffkonzentrationen erhebliche Schäden an Flora und Fauna verursachen.
Die Ergebnisse der Recherche verdeutlichen, wie wichtig es ist, dass Unternehmen und Behörden ihre Verantwortung für den Schutz unserer Meere ernst nehmen. "Die von ONE-Dyas vorgelegte Umweltverträglichkeitsprüfungen sind unzureichend. Es ist an der Zeit, dass umfassende und unabhängige Untersuchungen durchgeführt werden, um sicherzustellen, dass unsere Naturschutzgebiete und marinen Lebensräume vor den Gefahren der Öl- und Gasförderung geschützt sind", so Greenpeace-Chemieexperte Manfred Santen. Ein Gericht hatte die geplante Gasbohrung im April vorerst gestoppt (NDR berichtete). Santen wird auch am 28. September bei einer weiteren Anhörung vor dem niederländischen Gerichtshof Rechtbank in Den Haag gemeinsam mit den Kläger:innen vor Ort sein.