Passau beschließt mehr Schutz für seinen kommunalen Wald
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Urban Mangold (ÖDP) ist Zweiter Bürgermeister der Stadt Passau und setzt sich für den Erhalt und Schutz des Kommunalwaldes ein. Im Interview erzählt er von dem kürzlich genehmigten Projekt: ein neues Waldschutzkonzept für Passau.
Redaktion: Herr Mangold, Sie haben im Umweltausschuss der Stadt Passau beantragt, der Verwirklichung von Naturschutzzielen im Kommunalwald Vorrang vor wirtschaftlichen Aspekten zu geben. Welche Forderungen haben Sie konkret in dem Antrag formuliert?
Urban Mangold: Ich habe namens der ÖDP-Stadtratsfraktion vorgeschlagen, 40 Prozent des knapp 90 Hektar umfassenden städtischen Waldbesitzes aus der forstwirtschaftlichen Nutzung herauszunehmen und bewirtschaftungsfreie Naturwaldparzellen auszuweisen. Damit sollen Lebensräume für seltene und vom Aussterben bedrohte Arten gesichert und die biologische Vielfalt bewahrt werden. In den Naturwaldparzellen soll der Artenschutz vor dem forstwirtschaftlichen Ertrag rangieren. Alt- und Totholz sowie Habitatbäume wie zum Beispiel Höhlen- und Horstbäume sollen als Refugium für seltene Arten erhalten bleiben. So soll eine urwüchsig anmutende Natur mit zahlreichen ökologischen Nischen vor der Haustüre der Stadtbewohner entstehen.
Redaktion: Der Antrag ist im Umweltausschuss am 25. April genehmigt worden. Gab es viele Diskussionen?
Urban Mangold: Es war im Ausschuss erfreulicherweise Konsens, das Projekt anzupacken. Strittig war jedoch mein Vorschlag, dass der Naturwaldanteil gleich 40 Prozent umfassen soll. Letztendlich schloss sich der Ausschuss aber mehrheitlich meinem Vorschlag an und beauftragte die Verwaltung mit der Erstellung eines Konzeptes. Von den Bürgerinnen und Bürgern habe ich nur positive Reaktionen vernommen.
Redaktion: Was lief aus Ihrer Sicht bisher falsch?
Urban Mangold: Aktueller Anlass für den Antrag war ein forstwirtschaftlicher Eingriff im städtischen Wald, der von Bürgern als überzogen kritisiert wurde. Doch unabhängig davon sehe ich unser kommunales Engagement für Naturwälder auch als wichtiges Projekt im Rahmen der schon im Jahr 2007 von der Bundesregierung verabschiedeten nationalen Biodiversitätsstrategie. Leider hapert es nämlich vor allem in den Ländern an der Umsetzung dieser Strategie: Nehmen wir beispielsweise den Vorschlag, zehn Prozent der öffentlichen Wälder als Naturwaldparzellen auszuweisen, in denen der Wald sich selbst überlassen bleibt. Damit kann sich beispielsweise die bayerische Staatsregierung überhaupt nicht anfreunden. Der forstwirtschaftliche Ertrag im Staatswald und die damit verbundenen Einnahmen haben für sie Vorrang. Und das, obwohl Ministerpräsident Seehofer 2007 bei der Verabschiedung der nationalen Biodiversitätsstrategie mit am Berliner Kabinettstisch saß! Ich möchte deshalb mit der ÖDP-Initiative bewusst ein Signal gegen diese Verweigerung setzen und freue mich, dass die Stadt Passau nun eine Vorreiterrolle einnimmt.
Nach der kürzlich erfolgreich abgeschlossenen Renaturierung eines besonders wertvollen großen Moorgebietes ist das nun das zweite größere Passauer Naturschutzprojekt der letzten Jahre.
Redaktion: Was ist gerade am öffentlichen Wald das Interesse der Bürgerinnen und Bürger?
Urban Mangold: Der öffentliche Wald hat eine Erholungs- und Gemeinwohlfunktion. Natürlich ist auch eine nachhaltige Forstwirtschaft in Ordnung. Aber zumindest ein bestimmter Anteil soll Naturwald bleiben. Das kann man von privaten Waldbesitzern aber kaum erwarten. Deshalb ist hier die öffentliche Hand, der ja 53 Prozent des Waldes in Deutschland gehören, gefordert.
Redaktion: Wie wichtig ist Ihnen die Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger zu Waldfragen und wie organisieren Sie das?
Urban Mangold: Der öffentliche Wald gehört uns allen. Ich kann die Bürger in unserer Stadt nur dazu ermuntern, sich in unseren Plenarsitzungen während der Bürgerfragestunde zu Wort zu melden, wenn sie hierzu Anregungen einbringen wollen. Der unteren Naturschutzbehörde wurde mit dem politischen Auftrag unseres Umweltausschusses im Wettstreit der Interessen nun ganz klar der Rücken gestärkt.
In Passau wurden übrigens auf meine Initiative öffentliche GmbH-Sitzungen und allgemeine Akteneinsichtsrechte eingeführt. Die Bürger können Akten der Verwaltung sogar in Kopie erhalten, sofern nicht datenschutzrechtliche oder andere gesetzliche Regelungen dagegen stehen. Genau das bräuchten wir auch für Bayern: ein Informationsfreiheitsgesetz für bayerische Behörden. Die forstpolitischen Vorgaben sind hier völlig intransparent und unzeitgemäß.