Aktive protestieren vor Raffinerie von Palmölkonzern IOI in Rotterdam
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Die Rodung des Regenwaldes für Palmölproduktion begünstigt Flächenbrände in Indonesien. Aktivisten fordern vom Palmölkonzern IOI deshalb ein Bekenntnis zum Schutz der Wälder.
Seit heute Morgen liegt das Greenpeace-Schiff Esperanza im Hafen von Rotterdam vor Anker. An Land versammelten sich derweil neben acht Aktivisten von Greenpeace Niederlande auch zwei aus Indonesien – nicht etwa, um die niederländische Hafenstadt zu besichtigen, sondern um gegen zerstörerische Praktiken in ihrer Heimat zu protestieren. Mit drei großen Baumstämmen versperren sie den Zugang zur Raffinerie des Palmölhändlers IOI. Zuvor legte die Esperanza am Pier der Raffinerie an.
Jahrelange rodeten Palmölproduzenten Indonesiens Wälder und legten Sumpfgebiete trocken; ganz vorn dabei: der Gigant IOI. Durch die Rodungen schufen die Konzerne die Bedingungen für immer wiederkehrende Torf- und Waldbrände, deren giftiger Rauch allein im vergangenen Jahr nach Schätzungen einer aktuellen Studie mehr als 100.000 Todesopfer forderte. Die Aktivisten appellieren an IOI, sich zum Schutz des Regenwaldes und zum Anbau und Bezug von Palmöl zu verpflichten, das nicht auf Kosten der Regenwälder und zu Lasten der Menschen in der Region produziert wurde.
Wer ist IOI?
Hinter den drei Buchstaben versteckt sich einer der größten Palmölkonzerne der Welt. Trotz seiner Größe ist er in der Öffentlichkeit weitgehend unbekannt. „Ihr geringer Bekanntheitsgrad spielt der IOI-Gruppe durchaus in die Hände“ sagt Gesche Jürgens, Expertin für Wälder und Palmöl bei Greenpeace. „Sie glaubt, dass sie mit ihren zerstörerischen Geschäftspraktiken durchkommt. Das wollen wir ändern!“
Bereits 2008 konfrontierte Greenpeace International den Konzern mit seiner Regenwaldzerstörung für Plantagen in Kalimantan. Nun wies Greenpeace nach, dass er weiterhin Palmöl von fragwürdigen Unternehmen bezieht.
In einem neuen Report von Greenpeace International finden sich Hinweise, dass auch Zulieferer von IOI in zuvor brennenden Gebieten neue Plantagen errichtet haben. Immer wieder kam es zu Menschenrechtsverletzungen, selbst Fälle von Kinderarbeit konnten nachgewiesen werden. Einige Zulieferer sind zudem an der Rodung des Urwaldes in Papua beteiligt, einer indonesischen Provinz, die bislang noch weitgehend von der Waldzerstörung verschont blieb. „Weil IOI sein Palmöl von diesen Unternehmen bezieht, macht der Konzern sich mitschuldig an Urwaldzerstörung, vorsätzlicher Brandrodung und Menschenrechtsverletzungen“, so Jürgens.
Waldzerstörung kann nicht nachhaltig sein
Tatsächlich besteht ein direkter Zusammenhang zwischen den Praktiken der Palmölkonzerne und den wiederkehrenden Bränden in Indonesien. Die Abholzung des Regenwaldes und vor allem das Trockenlegen von Torfmooren begünstigt die Entstehung und Ausbreitung der Feuer: Trockene Sumpfgebiete sind extrem entflammbar. Hinzu kommt, dass Torfbrände schwer zu löschen sind, da das Feuer teilweise unter der Erde schwelt. Für die verheerenden Waldbrände 2015 und in den Jahren zuvor ist IOI somit mitverantwortlich. Zwischen Juli und Oktober vergangenen Jahres standen über zwei Millionen Hektar Land in Flammen, eine Fläche so groß wie Rheinland-Pfalz. Eine gemeinsame Studie der Harvard und Columbia Universität schätzt, dass mehr als 100.000 Menschen in Südostasien an den Folgen des giftigen Smogs starben, über 91.000 davon allein in Indonesien.
Im April reagierte der Runde Tisch für nachhaltiges Palmöl (RSPO), eine Vereinigung von mehr als 2500 Palmölproduzenten, auf die wiederholten Verstöße gegen seine Standards, suspendierte IOI und entzog dem Konzern dadurch die Zertifizierung. Bereits im August wurde IOI allerdings voreilig wieder zum RSPO zugelassen. Damit gilt sein schmutziges Palmöl erneut als nachhaltig. „Der RSPO hat IOI verfrüht wieder aufgenommen, bevor der Palmölhändler glaubhaft auf die Missstände bei seinen Zulieferern reagiert hat“, so Gesche Jürgens. „Anstatt den Interessen von Konzernen entgegenzukommen, sollte der RSPO eine wirklich nachhaltige Produktion von Palmöl unter Rücksicht auf Wälder und Menschen vorantreiben. Dazu gehört auch eine deutliche Verbesserung seiner Kriterien, die immer noch die Zerstörung von Regenwäldern und Torfmooren zulassen.“
Lenkt IOI ein, ziehen die Aktivisten ab
Nilus Kasmi, einer der indonesischen Aktivisten vor Ort in Rotterdam, erfuhr die Folgen der Brände am eigenen Leib. Er und seine Familie waren dem toxischen Rauch ausgesetzt. Das öffentliche Leben kam durch den Smog zum Stillstand, seinen Kindern war der Schulbesuch zeitweise nicht möglich. „Ich hatte Hoffnung, dass die Regierung und Unternehmen Lösungen für die Krise finden würde. Aber ihr Versagen machte mir klar, dass auch ich Verantwortung für den Erhalt der indonesischen Wälder tragen muss.“ Deshalb ließ er sich von Greenpeace-Aktivisten vor Ort zum Firefighter ausbilden; heute setzt er in den Niederlanden ein Zeichen gegen die zerstörerischen Geschäftspraktiken der Palmölkonzerne, auch die von IOI. Dabei könnte der Konzern den Protest schnell auflösen: Die Aktivisten hinterließen eine Erklärung, mit der sich das Unternehmen zu einer verantwortungsbewussten Palmölproduktion für seine gesamte Lieferkette verpflichten kann. Sobald IOI unterzeichnet und sich damit öffentlich zum Schutz der Wälder und Torfmoore und zur Achtung von Menschenrechten bekennt, geben die Aktivisten den Zugang zur Raffinerie wieder frei.