Zehn Jahre nach dem Textilfabrik-Einsturz
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Vor zehn Jahren stürzte die Textilfabrik Rana Plaza in Bangladesch ein, mehr als 1100 Menschen starben. Dennoch hat sich für die Fabrikarbeiter:innen bis heute kaum etwas verbessert.
Textilarbeiter:innen, die unter größtem Druck produzieren. Mit Dutzenden erzwungenen Überstunden und zu Hungerlöhnen, die nicht für ein menschenwürdiges Leben reichen. Ohne das Recht, Gewerkschaften zu gründen. So sieht noch immer der Alltag von Hunderttausenden Näher:innen in Asien aus – auch zehn Jahre nach dem Einsturz der Rana Plaza-Fabrik in Bangladesch.
Es war nicht das erste Unglück, aber der Tod von mehr als 1100 Menschen katapultierte die Frage nach der Verantwortung für die Arbeitsbedingungen auf die globale Tagesordnung. Durch Druck etwa der „Kampagne für saubere Kleidung“, die sich für faire Produktionsbedingungen einsetzt, zahlten die Firmen, die in Rana Plaza produzieren ließen, rund 24 Millionen US-Dollar in den Entschädigungsfond. 30 Millionen wären laut Internationaler Arbeitsorganisation (ILO) nötig. Vielen Betroffenen fehlt noch immer Geld für den Arzt, eine Prothese, Miete und Essen.
Arbeiter:innen noch immer ohne Rechte
In Rana Plaza zwangen Fabrikchefs zögernde Textilarbeiter:innen dazu, das Gebäude trotz offensichtlicher Einsturzgefahr zu betreten. Als in der Tazreen-Fabrik in Pakistan Ende 2012 ein Feuer ausbrach, verbat die Geschäftsführung den Angestellten, das Gebäude trotz Feueralarms zu verlassen. Mindestens 112 Menschen starben.
Das Gedenken an die mindestens 1134 Opfer des Einsturzes der Textilfabrik in Rana Plaza (Bangladesch) vor zehn Jahren startet Greenpeace mit der Projektion der Forderung “Nie wieder Rana Plaza” an das Hamburger Einkaufszentrum Europa Passage. Der Schriftzug bildet sich aus den Namen der Verstorbenen. Das Unglück gilt als größte Katastrophe der Textilindustrie. Ein neuer Greenpeace-Report zeigt, dass die Fast Fashion-Industrie zunehmend mit Nachhaltigkeit und besseren Arbeitnehmer:innenbedingungen wirbt, es sich aber meistens um Greenwashing handelt.
„Auch zehn Jahre nach Rana Plaza beutet die Fashion-Industrie weiterhin Menschen aus und zerstört die Umwelt", sagt Viola Wohlgemuth, Expertin für Ressourcenschutz von Greenpeace. „Mit Nachhaltigkeit auf dem eigenen Label zu werben, aber unter katastrophalen Arbeitsbedingungen immer mehr Plastik-Wegwerftextilien zu produzieren, ist Greenwashing. Das ist schlimmer als nichts zu tun, es befeuert ein zerstörerisches System und verhindert den notwendigen Wandel.”
Greenpeace-Report: Die Label-Masche. Zehn Jahre nach Rana Plaza – Greenwashing des kaputten Fast Fashion-Systems
Dateigröße: 3.99 MB
HerunterladenHier finden Sie den Report auf Englisch.
Immer mehr, immer schneller, immer billiger
Doch Menschen und Umwelt zu entlasten ist auch deshalb so schwierig, weil die Schlagzahl der Industrie so hoch ist. Immer mehr muss immer schneller und immer billiger produziert werden. Hinter dem ethischen und ökologischen Desaster steckt eine völlig überdrehte Fast Fashion-Industrie, die gewaltige Überkapazitäten produziert. Animiert von billigen Preisen kaufen Millionen Konsument:innen in den Industrienationen ungebremst weiter neue Kleidung. Ein Party-Top wird im Schnitt 1,7 Mal angezogen, bevor es aussortiert wird und im Müll oder einer dubiosen Recycling-Box landet. So lange T-Shirts nicht länger getragen werden und kaum mehr kosten als die Plastiktüte, in der sie nach Hause gebracht werden, ist ein wirklicher Fortschritt für die Textilarbeiter:innen kaum zu erreichen.
Unternehmen erstellen die Label mit den Begriffen “Nachhaltig”, “Green” oder “Fair” selbst. Greenpeace hat untersucht, inwieweit diese Darstellung marktführender Fast Fashion-Firmen tatsächlich durch eine bessere Produktion begründet ist. Geprüft wurde dabei etwa der Einsatz von umwelt- und gesundheitsgefährdenden Chemikalien gemäß gemeldeter und gemessener Fabrik-Abwasserdaten. Weiter wurde untersucht, inwiefern Arbeitnehmer:innen existenzsichernde Löhne erhalten und Daten über Zulieferbetriebe wie Lieferketten öffentlich zugänglich sind. Vierzehn Modelabels wurden untersucht, elf von vierzehn fallen durch, darunter die bekanntesten Fast Fashion-Labels Zara “Join Life” und H&M “Conscious". Nur drei Labels stehen nicht unter Greenwashing-Verdacht, wobei Vaude "Green Shape" und Coop "Naturaline" am besten abschneiden, gefolgt von Tchibo "Gut Gemacht". Das Schlusslicht bilden Mango "Committed" und der Einzelhändler Peek & Cloppenburg "We Care Together".
Das Produktionsvolumen nicht recyclefähiger Textilien aus synthetischen Fasern und Mischgeweben steigt rapide an. Wurden 2014 noch 100 Milliarden Kleidungsstücke jährlich produziert, sollen es 2030 bereits über 200 Milliarden sein. Gleichzeitig wird weniger als ein Prozent aller Kleidungsstücke aus recycelten Textilfasern hergestellt, der Großteil der billigen Plastik-Fashion besteht aus Polyester, und damit aus Öl. Die Überproduktion der Fast Fashion-Industrie verursacht riesige Müllberge im globalen Süden, die Umwelt und Lebensräume zerstören. Jede Sekunde landet eine LKW Ladung Textilien auf Deponien oder wird verbannt.