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Nozim Kalandarov/ picture alliance / dpa / TASS

Antworten an die Rüstungsindustrie

Das Thema Waffenexporte wird aktuell in den Koalitionsverhandlungen noch vage formuliert – oder auf EU-Ebene geschoben, um Konflikte zwischen den Parteien zu vermeiden. Dabei würde ein jetzt beschlossenes nationales Rüstungsexportgesetz, das Exporte in Länder außerhalb der EU unterbindet, der deutschen Rüstungsindustrie nur anfänglich Umsatzeinbußen bringen. Denn zum Ausgleich steht ihr eine Reihe von betriebswirtschaftlichen und unternehmensstrategischen Optionen offen. Dies zeigen die Ergebnisse einer neuen betriebswirtschaftlichen Studie von Professorin Miriam Zschoche von der Universität Erfurt im Auftrag von Greenpeace. Mit einem solchen Exportverbot käme die Regierung zeitgleich dem Wunsch der Bevölkerung nach, auf den Waffenverkauf an Diktaturen, Kriegstreiber und Menschenrechtsverletzter zu verzichten.

Rüstungsexporte in Drittländer hatten im Jahr 2020 ein Genehmigungsvolumen von 2,93 Milliarden Euro. Von 2015 bis 2020 hat sich das Budget der Bundeswehr für Materialbeschaffung und -erhalt um rund vier Milliarden Euro erhöht. Allein der Zuwachs auf dem Inlandsmarkt deckt somit einen Wegfall der Drittländerexporte ab.

Zudem stehen der Rüstungsindustrie auch andere Möglichkeiten und Märkte zur Verfügung. Dazu führt die Studie unternehmerische Strategien auf, drei Beispiele: Die größten Unternehmen der Rüstungsindustrie in Deutschland sind stark diversifizierte Konzerne, die ohnehin bereits zivile Produkte anbieten. Den zivilen Bereich zu erweitern, wäre somit naheliegend. Zweitens sind die verbleibenden EU-Märkte sichere Märkte, die weniger unternehmerische Risiken bergen als Länder außerhalb der Europäischen Union. Zudem könnte der deutsche Staat seine Nachfrage nach nicht-militärischen Gütern und Dienstleistungen gezielt erhöhen. Dies könnten Güter in angrenzenden technischen Gebieten sein wie etwa Systeme zur Energiegewinnung, Systeme für den Transport oder IT-Systeme.

Die Mythen der Rüstungsindustrie

Hintergrund der Studie ist die Antwort auf eines der drei zentralen Argumente, die Befürworter:innen einer wirtschaftsorientierten Waffenexportpolitik häufig hervorbringen, um Exporte auch an Drittländer zu rechtfertigen. Als Drittländer definiert die Bundesregierung Staaten, die nicht Mitglied der EU, der Nato oder der Nato gleichgestellt sind.

1. Deutschland ginge im Vergleich zu anderen Staaten mit einer vorgeblich restriktiven Rüstungsexportpolitik eine Art Sonderweg,

2. Waffenexporte seien ein notwendiges wie nützliches Instrument der Außenpolitik 

3. Exporte in Drittstaaten seien notwendig, um eine leistungsfähige Rüstungsindustrie im Land zu erhalten, da der Absatzmarkt in Deutschland und in den Partnernationen nicht groß genug wäre

Die neue Studie zeigt: Der Mythos hält einer Überprüfung nicht stand. „Wenn Rüstungskonzerne in Deutschland sogar wirtschaftlich nicht auf Drittländerexporte angewiesen sind, dann sprechen alle Argumente für ein Verbot dieser Exporte“, sagt Alexander Lurz, Greenpeace-Abrüstungsexperte. „Jetzt muss auch der politische Wille dafür sichtbar werden.“

EU-Bürger:innen gegen Waffenexporte

Bereits im Mai dieses Jahres zeigte eine Umfrage von Greenpeace, dass in Deutschland wie auch in den drei anderen EU-Top-Waffenexportländern Frankreich, Italien und Spanien die Mehrheit der Bevölkerungen die jeweilige Rüstungsexportpolitik für unmoralisch hält.

Nicht Deutschland ist also mit einem Sonderweg isoliert in Europa, sondern die Regierungen sind isoliert von ihren Bürger:innen, die nicht wollen, dass die Rüstungsindustrie Profite auf Kosten von Menschenleben macht. Auch der Mythos einer deutschen Isolation lässt sich damit nicht aufrechterhalten.

Ein Verzicht auf Waffenexporte in Drittländer wäre ein wichtiger Schritt hin zu einer Außenpolitik, die weniger auf Gewalt als Mittel setzt oder Gewalt möglich macht. Greenpeace fordert daher von den regierungsbildenden Parteien ein striktes Rüstungsexportkontrollgesetz, das Waffenexporte außerhalb von EU und EU-gleichgestellten Staaten ausnahmslos verbietet. Einen Entwurf für ein solches Gesetz hier.

Studie Universität Erfurt Waffenexporte in Drittländer

Studie Universität Erfurt Waffenexporte in Drittländer

Anzahl Seiten: 16

Dateigröße: 1.38 MB

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