Ölschieferabbau gefährdet Barriere Riff
- Hintergrund
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Vor der Nordostküste Australiens, im Bundesstaat Queensland, liegt das größte Unterwasserparadies der Welt: Das Große Barriere Riff, Nationalpark und Weltnaturerbe. Doch dieses Paradies ist in seinem südlichen Teil bedroht. Nahe der Ortschaft Gladstone wird an der Küste, in direkter Nachbarschaft zum Riff, im so genannten Stuart-Projekt Ölschiefer abgebaut und zu Rohöl und Rohbenzin verarbeitet. Ölschiefer ist aufgrund seiner schlechten CO2-Bilanz besonders klimaschädlich. Es stellt eine Bedrohung für alle Riffe dieser Welt dar, die durch steigende Wassertemperaturen beeinträchtigt werden. In Gladstone wird dieser umweltschädliche Rohstoff nur für einen einzigen Abnehmer abgebaut: Den US-Ölkonzern ExxonMobil, in Europa bekannt unter dem Namen Esso. Das Stuart-Projekt gefährdet das Barriere Riff aber nicht nur mittelbar, über den Klimawandel, sondern auch unmittelbar: Beim Ölschieferabbau fallen große Mengen giftiger Schutt und Staub an. Wind und Regen befördern diese ins Meer, wo die Gifte schließlich am hochempfindlichen Riff landen.
{image_r}Esso ist nicht direkt Betreiber des Ölschieferabbaus, unternehmerisch verantwortlich ist die australische Firma Southern Pacific Petroleum/Central Pacific Minerals. Als Großkunde spielt Esso aber eine Schlüsselrolle. Denn das 1997 begonnene Stuart-Projekt drohte schon nach seiner Pilotphase zu scheitern, weil kein großer Ölkonzern die Ölprodukte kaufen wollte. Doch dann unterzeichnete Esso im Juli 2002 einen Fünf-Jahres-Vertrag über die Abnahme sämtlichen Rohbenzins. Der Konzern wird damit zum Motor für die Weiterentwicklung des Stuart Ölschiefer-Projektes. Denn die finanzielle Absicherung ist die entscheidende Voraussetzung für den weiteren Ausbau: In diesem Sommer will die australische Regierung über die Genehmigung dafür entscheiden. Sie verspricht sich von dem Stuart-Projekt eine größere Unabhängigkeit von Ölimporten.
Darüber hinaus besitzt Esso auch selbst 50 Prozent Anteile an einem weiteren Ölschieferfeld, das sogar bis in das Gebiet des Nationalparkes Großes Barriere Riff hinein reicht. Allerdings wird hier bislang noch nicht abgebaut - Vorrang hat das Stuart-Projekt. Insgesamt lagern in der Region etwa 15 Milliarden Barrel Öl (Basis: 50 Liter Öl in einer Tonne Ölschiefer).
Die Ausdehnung in den Nationalpark ist schon geplant
Wenn die australische Regierung grünes Licht für den Ausbau des Stuart-Projektes gibt, soll die Rohöl-Produktion dort von zur Zeit 4500 Barrel (159 Liter) pro Tag auf 14.800 Barrel bis zum Jahr 2006 erhöht werden.
Doch damit nicht genug: In einer dritten Stufe ab 2006 ist geplant, den Ölschiefer-Abbau sogar in den Flachwasserbereich des Nationalparks Großes Barriere Riff auszudehnen.
Ölschiefer: Ein besonders klimaschädlicher Rohstoff
{image}Der Name Ölschiefer ist irreführend. Denn das Gestein enthält weder Öl noch handelt es sich um einen Schiefer im geologischen Sinne. Ölschiefer sind sedimentäre, kalkreiche Gesteine mit hohem Anteil an organischem Material. Um dieses in Öl zu überführen, muss man es nach dem Abbau auf eine Temperatur von etwa 500°C erhitzen. Dabei wird sehr viel Energie verbraucht - was eine hohe Belastung des Klimas bedeutet. Von allen Ölen weist deshalb das Produkt der Ölschiefer die schlechteste Klima-Bilanz auf. Bei Produktion und Verarbeitung entstehen etwa doppelt so viele Treibhausgase wie bei konventioneller Erdölgewinnung.
Der Klimawandel lässt die Wassertemperaturen steigen - eine Bedrohung für die weltweiten Korallenriffe. Denn die in Symbiose mit den Algen lebenden Korallen sind auf eine gleichmäßige Temperatur in einem eng begrenzten Temperaturbereich angewiesen. Wird das Wasser zu warm, stoßen die Korallen die Algen ab und werden farblos - dauert der Zustand an, führt die Korallenbleiche zum Absterben der Korallen.
Ölschiefer ist noch aus anderen Gründen ein schmutziger Rohstoff: Durch die hohen Verbrennungstemperaturen werden dioxinhaltige Abgase freigesetzt. Dioxine stehen im Verdacht, beim Menschen Krebs zu erzeugen. Außerdem entsteht eine Menge fester Abfall, der mit Schwermetallen angereichert ist und entsorgt werden muss. Auch Abwasser fällt in großen Mengen an, das durch Ölreste und toxische Schwebstoffe belastet ist. Im Stuart-Projekt wird dieses Wasser in offenen Becken gelagert.
Das Riff in Gefahr
{image_r}Der südliche Teil des Großen Barriere Riffs ist etwa 50 Kilometer Luftlinie von der Küste und vom Stuart-Projekt entfernt. Diese Distanz erscheint auf den ersten Blick groß. Doch eine Studie der Australischen Nationaluniversität konnte 2003 nachweisen, dass Aktivitäten an Land einen Einfluss auf das Riff haben: Es wurde festgestellt, dass Ackerbau und Viehzucht zu einem verstärkten Eintrag von Sand und Staub in das Riff führen. Bereits dadurch ist das Riff beeinträchtigt. Denn feine Ablagerungen verringern den Lichteinfall und stören die Photosynthese der Algen, mit denen die Korallen in Symbiose leben.
Es ist davon auszugehen, dass auch die giftigen Abfälle und Abwässer aus dem Stuart-Projekt das Riff erreichen. Ein so empfindliches Ökosystem wird diese Belastung wahrscheinlich nicht überleben.
Esso: Klimakiller Nr. 1
Esso betreibt beim Klimaschutz eine massive Anti-Politik. Der Konzern spielte eine Schlüsselrolle beim Ausstieg der US-Regierung aus dem Kyoto-Protokoll. Esso leugnet jeden Zusammenhang zwischen dem Verbrennen fossiler Energieträger und dem Klimawandel und lehnt es als einziger der großen Ölkonzerne ab, ernsthaft in erneuerbare Energien zu investieren.
Greenpeace fordert
- Verbot des Abbaus von Ölschiefer
- Umstieg auf erneuerbare Energieträger
Das können Sie tun
Schreiben Sie an die Australische Botschaft in Deutschland und an die deutsche Esso-Zentrale und fordern Sie ein Ende des Ölschieferabbaus.