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Bernd Schmitz, Öko-Landwirt aus Hennef
Bernd Lauter/Greenpeace

Interview mit Bernd Schmitz, Bio-Landwirt aus Hennef

"Wir bekommen viel Verständnis, aber kein Handeln!" Milchvieh-Landwirt Bernd Schmitz im Interview.

Karges Gras wie in einer Steppe, ausgetrocknete, staubige Böden: Die Dürre als Folge der Klimakrise bedroht den Hanfer Hof, der von der Familie Schmitz seit über 150 Jahren bewirtschaftet wird. Die Trockenheit wirkt sich direkt auf das Grünland und damit das Futter für die Milchkühe aus. Im Interview spricht Biobauer Bernd Schmitz über die Folgen der Dürre und darüber, was er sich von der Politik wünscht.

Greenpeace: Wie wirkt sich die aktuelle Dürre auf Ihren Betrieb aus? 

Bernd Schmitz: Unsere Wiesen werden im Sommer nicht mehr grün, wir haben karges Gras wie in einer Steppe. Es hätte im Winter viel mehr regnen müssen, doch es war trocken und kalt. Dadurch konnten die Wiesen sich nicht erholen. Flächen, die sonst sumpfig waren, sind jetzt so trocken, dass Fahrzeuge nicht mal erkennbare Spuren fahren.

Mussten Sie Ihren Milchviehbestand nach den vergangenen zwei Hitze-Sommern verringern? Weshalb?

Ja, wir haben unseren Bestand um zehn Prozent reduziert, da nicht mehr genug Futter da war. Jetzt haben wir 47 Kühe. Wir wollten eigentlich mehr Rinder als Milchkühe verkaufen, sind sie aber nicht losgeworden. Wenn die klimatischen Voraussetzungen so bleiben, ist das Ziel, den Bestand auf 40 Kühe reduzieren. Denn wir wollen so wenig Futter wie möglich dazu kaufen. Wenn man nur noch die Hälfte an Futter hat, kann man eigentlich auch nur die Hälfte an Tieren halten. 

Wie hoch ist der finanzielle Schaden der letzten zwei Jahre?

Wir haben pro Jahr 20.000 Euro verloren.

  • Mutterkuh mit Kälbern auf der kargen Weide

    Milchkuh mit Kälbern in muttergebundener Aufzucht auf der kargen Weide

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  • Nach drei Hitze-Sommern ist der Boden staubtrocken

    Nach drei Hitze-Sommern ist der Boden staubtrocken

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  • Wegen der Dürre gibt es auf dem Hof weniger Grünfutter für die Kühe

    Wegen der Dürre gibt es auf dem Hof weniger Grünfutter für die Kühe

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  • Die Nadelbäume hinter dem Acker haben wegen der extremen Trockenheit ihre Nadeln verloren.

    Die Nadelbäume hinter dem Acker haben wegen der extremen Trockenheit ihre Nadeln verloren.

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Kommt denn die von der Politik beschlossene Nothilfe direkt bei Ihnen an?

Wir haben keine Nothilfe bekommen, wir hatten wahrscheinlich nicht genug Schulden. Das System ist kompliziert. Man braucht einen Nachweis, dass man nicht insolvent ist. Außerdem müssen die ausgegebenen Mehrkosten für zugekauftes Futter in einem bestimmten Verhältnis zu den betriebswirtschaftlichen Erträgen stehen. Wenn du viele Schulden und Zinsrückzahlungen hast, dann sind deine Erträge klein. Und je näher das zusammenrückt, desto interessanter wird es mit der Nothilfe. Nur 2,3 Prozent der Betriebe in NRW haben Nothilfe erhalten.

Wie könnte die Politik Ihnen helfen?

Für mich wäre es eine wichtige Entscheidung, dass die Politik konsequenten Klimaschutz betreibt. Unsere Familie betreibt den Hof schon seit fünf Generationen. Wenn das auch die nächste Generation noch machen möchte, dann sollten diese Potenziale nicht dadurch zerstört werden, dass Maßnahmen zum Klimaschutz verweigert werden. Diese Maßnahmen müssen aus Politik und Gesellschaft kommen. Wir machen viel Öffentlichkeitsarbeit und bekommen viel Verständnis entgegengebracht, aber kein Handeln. 

Kurzfristig wäre uns schon geholfen, wenn wir ein Wassernetz zur Verfügung hätten, mit dem wir bei Trockenheit unser Land bewässern können. Wir haben hier keine Möglichkeit, öffentliches Wasser zu nutzen, da die Wassernetze aus den sechziger Jahren und so marode sind, dass sie großem Wasserdruck nicht standhalten. Nur für unsere kleine Gemüseparzelle von zwei Hektar haben wir eine Genehmigung bekommen, dass wir sie mit Wasser aus einem Tiefbrunnen beregnen lassen können. Der Brunnen wurde auf unserem Grundstück gebohrt. Wir müssen aber die verwendete Menge genau nachweisen. Mein Gemüse darf ich also wässern - die Weiden nicht. Meine Kühe werden also trotzdem nicht satt. 

Wer sollte für die entstandenen Schäden aufkommen?

Ich finde, Bayern hat das im Dürrejahr 2018 ganz pragmatisch geregelt: Betriebe in den Regionen, in denen es lange keinen Niederschlag gegeben hatte, bekamen vom Land mehr Zuschüsse als normal, um Futtermittel dazuzukaufen. Das Schwierige ist immer, einen Nachweis zu führen. Ich fände es gut, wenn jeder Landwirt vom Land oder Staat eine Wetterstation auf den Hof gestellt bekommen würde. So könnte man sehen, wie groß das Wasserdefizit eines Betriebes wirklich ist. Die Daten der offiziellen Wetterstationen des Deutschen Wetterdienstes sind oft zu ungenau, da das Wetter regional sehr spezifisch ist und die Stationen zu weit von den Höfen entfernt sind. Wir brauchen also eine dichtere Erfassung. Wie kann ich sonst nachweisen, dass meine Schäden wirklich auf das Wetter bei mir zurückzuführen sind? Die Behörden wollen immer alles mit wenig Aufwand prüfen können, nur dann machen sie etwas. 

Ist die Bio-Landwirtschaft von der Dürre genauso betroffen wie die konventionellen Landwirte in Ihrer Umgebung?

Wenn ich meinen Hof biologisch bewirtschafte, bin ich auch verpflichtet nachzuweisen, dass ich auch biologisches Futter einsetze. Unsere Region hat aber futtertechnisch nichts zu bieten: Die Betriebe, die Tiere haben, brauchen ihr Futter selbst. Andere stellen kein Futter her, weil sie zum Beispiel Getreide anbauen. Und in Lagen mit besserem Boden für den Ackerbau gibt es hier keinen Bio-Bereich, von hier bis zur Rheinischen Bucht ist Bio die Ausnahme, abgesehen von Gemüsebetrieben. Daher haben wir überhaupt keine Möglichkeiten, regional Biofutter dazuzukaufen. Durch die Klima-Problematik ist uns die Grundlage für das Viehfutter weggebrochen. Der Ökolandbau hilft mir auf dem Grünland nicht, weil das Wasser fehlt. Beim Ackerbau, also zum Beispiel Getreide, konnte man die Winterfeuchte noch nutzen. Das hat man aber beim Grünland nicht, dort hilft nur noch die Ausgangsfeuchte des Winters. Die gab es diesen Winter aber gar nicht. 

Über den Sommer braucht Grünland im Gegensatz zu Getreide eine kontinuierliche Wasserversorgung. Ich müsste also eigentlich Grünflächen, die ich damals bei der Umstellung auf Bio aus den Ackerflächen gemacht hatte, wieder zurückverwandeln, vielleicht mit der Auflage, dass der Humusgehalt nicht sinken darf. Dann käme ich aus diesem Dilemma raus. Wenn ich das aber tun würde, würden mir aus Naturschutzgründen Prämien gestrichen. Ein nicht genehmigter Umbruch von Grünfläche zu Ackerland hätte fatale finanzielle Folgen für mich. Biobetriebe werden nämlich viel häufiger kontrolliert als normal wirtschaftende Betriebe, die nur mit EU-Subventionen arbeiten. Wir werden eigentlich permanent kontrolliert, weil wir uns ja verpflichtet haben, etwas für das Geld zu tun, das wir bekommen.

Bei all diesen Problemen - kann die solidarische Landwirtschaft das Konzept der Zukunft sein? Warum haben Sie damit begonnen?

Wir sind immer auf der Suche nach Möglichkeiten, die Vermarktung möglichst hofnah zu gestalten, und die Lebensmittel nicht weit über die Region hinaus direkt zu den Menschen zu bringen. Und als ich das Konzept der Solidarischen Landwirtschaft kennengelernt habe, hat es mich genau wegen dieser Ideen sehr angesprochen. Nachdem ich erst in einer anderen Solidarischen Landwirtschaft war und dort zusätzlich Milch anbieten wollte, bin ich nun seit sieben Jahren wie vorher Milchbauer, aber mit einem Gemüseacker verbunden, der Teil unserer Gesamtfläche ist. Für 70 Familien bauen wir Gemüse und Kartoffeln an, die sie das ganze Jahr über voll versorgen: Kartoffeln, Salate, verschiedene Kohlsorten, Tomaten, Gurken, Bohnen, Möhren und Zucchini. Wir haben uns gefragt, wie wir direkt an die Menschen herankommen und uns für Gemüse entschieden, weil das im Gegensatz zu Milch und Getreide direkt konsumiert werden kann und nicht erst verarbeitet werden muss. Die Leute nehmen uns aber zusätzlich noch Milch ab, außerdem auch Fleisch, wenn wir eine Schlachtung direkt über den Hof machen. 

Wird das Konzept der solidarischen Landwirtschaft in der Rhein-Sieg-Region gut angenommen und unterstützt?

Wir haben ein breites Spektrum an Mitgliedern: Von Rentner*innen über junge Familien bis zu Student*innen. Sie verbindet etwas, das ich als “zurück zum Boden” bezeichnen würde. Sie möchten wieder eine Verbindung zur Herkunft ihres Essens haben. Manche sagen, dass sie nie wieder in ein Geschäft gehen wollen, um ihr Gemüse einzukaufen. Wir haben schon Anfragen von Menschen, zum Beispiel aus dem Frankfurter Bereich, die erst nächstes Jahr an den Rand des Westerwalds ziehen werden, und sich schon jetzt auf unsere Warteliste eintragen lassen. Das ist gerade sehr spannend, da kommt wieder ein Bewusstsein hoch, das in der Generation nach dem Krieg verloren gegangen ist. Diese Leute wollten nicht mehr im Dreck buddeln, sondern möglichst ganz weit weg davon sein. Ich glaube aber, der Mensch ist eigentlich doch mit der “Scholle” verbunden, vielleicht verbreitet sich das im Zeitalter der Digitalisierung wieder, in dem alles so weit weg ist. 

Ich denke, die Solidarische Landwirtschaft ist das Modell der Zukunft für kleine Betriebe wie uns. Wir haben uns ja nicht in eine Abhängigkeit begeben, dass wir riesige Kuhställe gebaut haben, sondern wir haben uns die Option offengelassen, in der Entwicklung vielseitig zu sein und in dieser Vielseitigkeit zu variieren. Wir haben zum Beispiel auch Weihnachtsbäume vermarktet, aber selbst das bricht uns bei dieser Dürre gerade weg. Die Bäume verlieren ihre Nadeln und lassen sich nicht mehr verkaufen, oder sie sterben ganz ab. Auch unser Buchenwald stirbt gerade weg. Wir verlieren also diesen Geschäftsbereich und müssen überlegen, was wir stattdessen machen können. Ansonsten ist unser Betrieb durch den Klimawandel existenziell gefährdet.    

Das Interview führte Martin Hofstetter, Landwirtschaftsexperte bei Greenpeace.

Nicht nur im Rhein-Sieg-Kreis sind die Folgen der Dürre sichtbar. Die interaktive Karte zur Klimakrise zeigt Schäden in ganz Deutschland.

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