Protest bei Treffen der EU-Agrarminister*innen in Koblenz
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Eine Exkursion in den Weinberg und anschließend eine Fahrt mit dem Schiff über die idyllische Mosel. Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner (CDU) zeigt ihren europäischen Kolleg*innen am zweiten Tag des informellen Treffens der EU-Agrarminister*innen die schönen Seiten ihrer Heimat. Eine Bootsfahrt, die ist lustig? Gar nicht lustig finden Aktivistinnen und Aktivisten von Greenpeace jedoch den klimaschädlichen Kurs der europäischen Agrarpolitik. Während die Politiker*innen mit dem Schiff von Winningen nach Koblenz fahren, werden sie von drei Greenpeace-Schlauchbooten begleitet. “Kein Geld für gestern” prangt auf einem Banner, das dabei an einem Flugdrachen aufsteigt. Drei weitere Aktivist*innen empfangen das Schiff in Koblenz in ihren Kajaks. Sie fordern von Julia Klöckner, sich für eine klimaschonende Politik einzusetzen.
Denn die Gemeinsame Agrarpolitik der Europäischen Union (GAP) vergibt seit Jahrzehnten den Großteil der Subventionen an Höfe mit großen Flächen und fördert damit Massentierhaltung und Pestizideinsatz. Während der derzeitigen deutschen EU-Präsidentschaft will Ministerin Klöckner die Reform der Agrarpolitik entscheidend vorantreiben. Der vorliegende Entwurf hält jedoch am alten Verteilungsprinzip fest. “Wenn Frau Klöckner die Subventionspolitik aus dem letzten Jahrhundert nicht grundlegend überarbeitet, bleiben Klima, Tierwohl und Artenschutz weiter auf der Strecke”, sagt Lasse van Aken, Landwirtschaftsexperte von Greenpeace. “Statt riesiger Monokulturen muss die EU gezielt die Landwirtinnen und Landwirte fördern, die Böden und Wasser schützen und ihre Tiere artgerecht halten. Nur so können die europäischen Klimaziele erreicht werden.”
Nach dem Ausflugsprogramm stehen am heutigen Dienstag Beratungsgespräche der EU-Agrarminister*innen an. Auch dieses Treffen in der Rhein-Mosel-Halle in Koblenz nutzen die Aktivist*innen, um ihren Forderungen Nachdruck zu verleihen - diesmal aus der Luft: Ein Aktivist fliegt in großen Bögen in einem Gleitschirm über das Gebäude. Seine Botschaft ist weithin sichtbar: “Kein Geld für gestern”. Landwirt*innen, die das EU-Treffen ebenfalls für ihren Protest nutzen, werden aufmerksam und kommen mit den Aktivist*innen ins Gespräch. Denn die anstehende Reform der GAP beschäftigt auch sie.
Landwirt*innen brauchen Perspektive
Die GAP ist der mit Abstand größte Posten im EU-Haushalt. Die alle sieben Jahre durchgeführte Reform legt die Kriterien fest, nach denen die landwirtschaftlichen Betriebe die Subventionen erhalten. Diese werden weitgehend unabhängig davon gezahlt, wie die Flächen bewirtschaftet werden. Daher erhalten so gut wie alle Höfe Subventionen. Bleibt es beim bisherigen flächengebundenen Verteilungsprinzip, bekommen weiterhin lediglich sechs Prozent der landwirtschaftlichen Betriebe jährlich über zwei Milliarden Euro. Betriebe, die konkrete Maßnahmen gegen die Klimakrise oder zum Erhalt der Artenvielfalt umsetzen, erhalten keine angemessene finanzielle Belohnung. Insgesamt fließen jedes Jahr rund fünf Milliarden Euro direkt an deutsche Landwirtinnen und Landwirte.
"Ministerin Klöckner möchte am Prinzip der flächengebundenen Zahlung festhalten. Die grundlegenden Defizite der europäischen Agrarpolitik geht sie nicht an”, so van Aken. „Im Reformentwurf werden schwachen Umweltvorgaben nur neue Namen gegeben. Frau Klöckner verkauft alten Wein in neuen Schläuchen. Mit Greenwashing ist aber weder der Gesellschaft noch den Bauern und Bäuerinnen geholfen, die schon jetzt unter der Klimakrise leiden.”