Rücksendungen aus dem Weihnachtsgeschäft landen bei Amazon oft in der Schrottpresse
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Entschuldigung, wie haben Sie mich gerade genannt? Mit einer Plakataktion in Hamburg macht Greenpeace auf dubiose Praktiken im Onlinehandel aufmerksam – und nimmt Kundinnen und Kunden des marktbeherrschenden Versandriesen Amazon in die Pflicht. „Sei kein #Retourensohn“ steht in U-Bahnhöfen und an Litfaßsäulen in der ganzen Stadt. Denn wer drei Paar Schuhe im Netz bestellt, mit der Absicht, dass zwei davon eh wieder zurückgehen, ist Teil des Problems.
Zum einen handelt es sich bei solchen Rücksendungen um unnötige, CO2-intensive Transporte. Doch es gibt noch eine weitere, nicht ganz so leicht zu durchschauende Klimasauerei im Zusammenhang mit Retouren. Das hat seinen Grund: Amazon hält seine Verfahrensweise mit Retouren und Ladenhütern bewusst im Dunkeln. Schließlich will der Versandhändler nicht, dass seine Kunden wissen: Der Retourensticker auf dem Paket ist oft der Freifahrtschein direkt in die Müllpresse. Gerade in der Zeit nach Weihnachten, wenn das Retourenaufkommen besonders groß ist. Neun von zehn Online-Shopper kommen gar nicht auf die Idee, dass ihre zurückgesendeten Waren vernichtet werden könnten, so eine Umfrage im Auftrag von Greenpeace.
Zerstörte Retouren sind ein Klimaproblem
Darüber kann man sich moralisch empören – und sollte man. Das Ganze hat aber eben auch eine beträchtliche Dimension für den Klimaschutz. All diese Produkte, die in der Schrottpresse landen, haben einen CO2-Fußabdruck. Sie werden produziert, transportiert und gehen dann ungenutzt in die Vernichtung. Das sind klimaschädliche Treibhausgaseinträge, die ohne jeglichen Sinn und Mehrwert die Atmosphäre aufheizen.
Für Normalverbraucher*innen fährt Amazon hier eine rational kaum noch nachvollziehbare Strategie der Gewinnmaximierung. Da kann es vorkommen, dass der Platz im Regal für den Onlinehändler wertvoller ist, als das Produkt, das drin liegt. Dann wird sie eben verschrottet, und neue Ware kommt rein – mit der letztlich unter Umständen dasselbe passiert.
„Geschenkt ist noch zu teuer“
Nach Insider-Berichten vernichten Amazon-Beschäftigte in „Entsorgungsteam“ pro Person und Tag Warenwerte von bis zu 23.000 Euro. Das geflügelte Wort „Geschenkt ist noch zu teuer“ trifft für Amazon ziemlich buchstäblich zu: Aufgrund des deutschen Steuerrechts zahlen sie bei der Vernichtung nicht drauf – bei Sachspenden mitunter schon. Besonders verdreht: Drittanbietern auf der Plattform Marketplace stellen sie die Zerstörung als Dienstleistung in Rechnung und wickeln sie gleich mit ab. Für den Verkäufer finanziell das lohnendere Geschäft – denn der Platz im Amazon-Lager wird mit der Zeit immer teurer.
Darum fordert Greenpeace ein Ressourcenschutzgesetz, das die Vernichtung von neuwertigen Waren verhindert. Die Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) hat im Februar die Gelegenheit mit der Novellierung des Kreislaufwirtschaftsgesetzes dieser sinnlosen Ressourcenvernichtung einen Riegel vorzuschieben. Sie können sich diesem Wahnsinn widersetzen – indem Sie zweimal überlegen, was sie im Netz bestellen.