Defizit im deutschen Wald
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Inventur für Deutschlands Wälder: Zum dritten Mal nahm sich die Bundesregierung die Forstflächen vor. Das Ergebnis: mehr Bäume – aber weiterhin große Defizite.
Deutschlands Laubwaldflächen sind gewachsen, vor allem die Buchenbestände haben zugenommen. Außerdem ist der Baumbestand in unseren Wäldern geringfügig älter geworden, ihre Holzvorräte sind etwas größer als noch im Jahr 2002. Eigentlich eine positive Bilanz.
Doch BUND, das Forum Umwelt und Entwicklung, Greenpeace und NABU warnen vor zu großer Euphorie. Denn Deutschland ist immer noch weit davon entfernt, eine internationale Vorbildrolle bei ökologischer Waldnutzung und Waldnaturschutz einzunehmen.
Die Bäume müssen älter werden
„Die Zunahme der Buchenwaldfläche sagt nichts darüber aus, wie die Forstwirtschaft mit den seltenen, alten Buchenwäldern in Deutschland umgeht“, sagt Greenpeace-Geschäftsführerin Brigitte Behrens. „Fakt ist, dass hierzulande zu wenige Buchenwälder streng geschützt sind, obwohl Deutschland für deren Schutz die weltweit größte Verantwortung hat.“ Denn: Deutschland liegt zentral im Verbreitungsgebiet europäischer Rotbuchenwälder.
Ein Vergleich mit Urwäldern und über lange Zeit forstlich ungenutzten Wäldern zeigt: In Deutschland stehen im Durchschnitt deutlich weniger alte und dicke Bäume. Gefüllte Vorratskammern – und ein höherer Altersdurchschnitt: Deutschlands Wälder müssen noch viel älter werden. Denn dickere Bäume binden mehr klimaschädliches Kohlendioxid und sind zudem Voraussetzung für eine große Artenvielfalt. Dies muss die Waldnutzung berücksichtigen.
Holz ist ein begrenzter Rohstoff
Außerdem muss der Umgang mit Holz in Deutschland kritisch hinterfragt werden, denn die derzeitige Holzverwendung ist ökologisch und gesellschaftlich untragbar. Gut die Hälfte der verwendeten Holzmenge wird ohne vorherige anderweitige Nutzung verbrannt. Aus der anderen Hälfte werden zu großen Teilen kurzlebige Produkte und Verpackungen erzeugt. Ökologisch deutlich sinnvoller sind langlebige Holzprodukte.
Mehr Waldschutzgebiete – jetzt!
Ein großes Defizit liegt weiterhin beim Waldnaturschutz: Nur 1,9 Prozent der deutschen Wälder werden dauerhaft forstwirtschaftlich nicht mehr genutzt und sind entsprechend rechtlich geschützt. Das ist zu wenig, denn nur auf geschützten Flächen können Bäume altern und so einzigartige Waldstrukturen bilden.
2007 beschloss die Bundesregierung in ihrer Nationalen Strategie zur biologischen Vielfalt (NBS): Fünf Prozent der deutschen Wälder sollen bis 2020 dauerhaft frei von forstwirtschaftlicher Nutzung sein. Momentan arbeiten Regierung und die meisten Bundesländer jedoch nur halbherzig auf dieses Ziel hin. Dabei müssen umgehend Maßnahmen beschlossen und neue Waldschutzgebiete eingerichtet werden - damit bei der nächsten Inventur im Wald mehr im grünen Bereich ist.