Autoindustrie sprengt Klimaziele
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VW, Toyota und andere Hersteller unterlaufen mit ihren Absatzplänen für Verbrenner das 1,5-Grad-Ziel, zeigt eine neue Greenpeace-Studie. Das birgt ökologische, aber auch finanzielle Risiken.
António Guterres wählte drastische Worte in seiner Eröffnungsrede der 27. Weltklimakonferenz in Ägypten. Nicht nur sei die Welt „auf dem Highway in die Klimahölle“, sie habe auch noch den „Fuß auf dem Gaspedal“. Das Sprachbild des UN-Generalsekretärs bezog sich auf die fehlenden Anstrengungen beim Klimaschutz insgesamt, aber er hätte ebenso gut über den globalen Verkehr sprechen können.
Nach einer kurzen Corona-Delle folgen die weltweiten Emissionen im Straßenverkehr zuletzt wieder ihrem jahrelangen Aufwärtstrend. Und die großen Autobauer haben nicht vor, das zeitnah zu ändern, wie eine neue Greenpeace-Studie zeigt: Die Absatzpläne der Branche sprengen das 1,5-Grad-Ziel. Derzeit planen sie, rund 400 Millionen Verbrenner mehr zu verkaufen, als sie eigentlich dürften, damit der weltweite Temperaturanstieg auf 1,5 Grad begrenzt werden kann. 400 Millionen Autos - das sind fünfmal so viele, wie im Jahr 2021 weltweit produziert wurden.
Das hier etwas nicht stimmt, unterstreicht die Studie am Beispiel der vier Marktführer. Der Volkswagen Konzern etwa, stolz darauf, sich als erster Hersteller „bereits 2018 zum Pariser Klimaabkommen bekannt“ zu haben, überschreitet mit seinen bisherigen Plänen die noch zulässige Zahl von Diesel und Benzinern um mindestens das Doppelte. Dabei hätten die Wolfsburger mit einem relativ hohen Anteil an E-Autos eigentlich eine gute Ausgangsposition. Doch die Umstiegspläne VWs sind zu langsam. Selbst im Jahr 2040 will der Konzern bislang noch Diesel und Benziner verkaufen. Beschleunigt der Konzern die Transformation weg von klimaschädlichen Verbrennungsmotoren nicht deutlich, produziert VW zwischen 37 und 50 Millionen Verbrenner zu viel - das VW zustehende Treibhausgas-Budget würde um 100 bis 136 Prozent überschritten.
Schlimmer noch sieht es bei Toyota aus. Der weltgrößte Autobauer droht sein Verbrenner-Budget um bis zum annähernd dreifachen (184 Prozent) zu überziehen. Auch der koreanische Hersteller Hyundai/Kia plant bislang mit weit mehr als doppelt so vielen Verbrennern (124 bis 159 Prozent). General Motors immerhin noch mit gut die Hälfte mehr als für 1,5 Grad zulässig.
„Mit ihrer ökologischen Geisterfahrt befeuern die Autokonzerne die Klimakrise. Sie verabschieden sich viel zu langsam aus dem Öl-Zeitalter“, sagt Greenpeace-Finanzexperte und Co-Autor der Studie, Mauricio Vargas: „Um ihrer Verantwortung gerecht zu werden, müssten die Konzerne viel schneller aufhören, weitere Diesel und Benziner zu verkaufen.“
Für den Schutz des Klimas ist eine schnellere Transformation unerlässlich. Doch sie liegt auch im eigenen Interesse der Konzerne, und allemal in dem ihrer Investoren. Die Autobranche ist eine der am höchsten verschuldeten. Allein die Verbindlichkeiten der zwölf größten traditionellen Autobauer beliefen sich im vergangenen September auf 1,2 Billionen Dollar. Den höchsten Schuldenstand hat dabei mit 239 Milliarden Dollar Volkswagen aufgetürmt. Vargas warnt: „Wer nicht schnell genug umstellt, droht auf Millionen unverkäuflicher Diesel und Benziner sitzen zu bleiben. Für Unternehmen, die so stark verschuldet sind wie VW oder Toyota, kann daraus schnell eine brenzlige Situation entstehen.“
Im Fall von Volkswagen ist die Studie ein weiteres Argument für die von Greenpeace unterstützte Klage gegen den Konzern. Ein Detmolder Bio-Bauer und drei weitere Kläger:innen werfen dem Konzern vor, zu wenig zu tun, um die Klimakrise zu bremsen. Im Falle des Landwirtes hat der Konzern dadurch unmittelbaren Anteil an Schäden an seinem Hof und Wald und sich verschlechternden Zukunftsaussichten des Betriebs.
How car manufacturers exceed carbon budgets
Anzahl Seiten: 56
Dateigröße: 6.37 MB
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