Die Zukunft der Ukraine ist erneuerbar
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Die Ukraine kann in den kommenden drei Jahren fünfmal mehr Solarenergie ausbauen als die Regierung plant. Eine neue Greenpeace-Studie zeigt das enorme Potenzial auf.
Seit Beginn des russischen Angriffskriegs hat die Ukraine immer wieder mit Stromausfällen zu kämpfen - die Energieinfrastruktur des Landes ist bevorzugtes Ziel der Angriffe. Ein aktuelle Studie im Auftrag von Greenpeace zeigt, dass insbesondere der Ausbau der Solarenergie riesige Chancen für das Land bereithält: Sie ist besonders widerstandsfähig, schnell und kostengünstig aufzubauen - und die wirtschaftlich sinnvollste Option.
Die Studie “Ein Solarenergie-Marshallplan für die Ukraine” wurde im Auftrag von Greenpeace von dem Beratungsunternehmen Berlin Economics erstellt. Untersucht wurde unter anderem, wie viel Zubau an Photovoltaik tatsächlich in den nächsten drei Jahren realistisch ist - das ist der Zeitraum des sogenannten “Ukraine-Plans”, einer Reform- und Investitionsstrategie der ukrainischen Regierung. Die Greenpeace-Untersuchung zeigt insbesondere eine Schwäche des Plans auf: Er schätzt das Solarenergie-Potenzial der Ukraine entschieden zu niedrig ein.
Ein Solarenergie-Marshallplan für die Ukraine
Anzahl Seiten: 30
Dateigröße: 4.26 MB
HerunterladenAus Sicht der Untersuchenden wäre es ein Leichtes, den Ausbau der Solarenergie bis 2027 um 3,6 Gigawatt neu installierter Leistung zu erhöhen, also fünfmal mehr als der „Ukraine-Plan“ mit lediglich 0,7 Gigawatt vorsieht. Darüber hinaus: Bis 2030 könnte die installierte Leistung bei der Solarenergie auf insgesamt 14 Gigawatt gegenüber heute (5,6 Gigawatt) anwachsen.
Was hindert die Ukraine also daran, ihre Energieversorgung konsequent auf Erneuerbare Energien, insbesondere Solarkraft, auszurichten? Die Untersuchung identifiziert einige politische und wirtschaftliche Hindernisse, die auf dem Weg dorthin ausgeräumt werden müssen Notwendig ist ein Maßnahmenpaket, das unter anderem diese Probleme adressiert:
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die Anreize für Investoren fehlen
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die Netzstabilität ist deutlich verbesserungsfähig
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der Umbau benötigt mehr qualifizierte Arbeitskräfte
Appell an die Ukraine Recovery Conference in Berlin
Am 11. und 12. Juni findet in Berlin die Ukraine-Wiederaufbaukonferenz statt, hier kommt die Staatengemeinschaft an zwei Tagen zusammen, um über die internationale Unterstützung der Ukraine zu beraten und Hilfen zu koordinieren.So könnten dem Greenpeace-Report zufolge die Partnerländer der Ukraine über Finanzhilfen für günstigere Kredite sorgen, mehr technisches Know-how und Fachkräfte bereitstellen und bei der Bereitstellung von Batteriespeichern und flexiblen Energietechnologien helfen.
Was maximal an erneuerbarer Energie auf dem Gebiet der Ukraine vorstellbar wäre, beleuchtete ein Greenpeace-Report im April 2024. Die Studie “Ukraine: Mapping the Energy Opportunities” rechnete aus: In Sachen Solar- und Windkraft ist das Land laut der Studie ein schlafender Riese. Selbst unter konservativen Annahmen würde ein Hundertstel der geeigneten Landflächen ausreichen, den Stromverbrauch der gesamten Bevölkerung zu decken.
Ukraine-Report: Mapping the Energy Opportunities
Anzahl Seiten: 29
Dateigröße: 6.97 MB
HerunterladenDie Schlussfolgerungen aus der Untersuchung haben enormes Gewicht: Nicht nur stünde der Ukraine mehr als genug günstig produzierter Strom zur Verfügung, mit der Überschussproduktion käme das Land sogar europaweit als Exporteur grüner Energie ins Spiel. Es ist eine klassische Win-win-Situation, sagt Sven Teske, Autor der Studie: “Die EU könnte bei ihrem Ziel einer Dekarbonisierung enorm von Ökostrom oder grünem Wasserstoff aus der Ukraine profitieren, während sich für die Ukraine zusätzlich zu ihrer eigenen Dekarbonisierung enorme wirtschaftliche Perspektiven beim Wiederaufbau eröffnen.“ Das Institute For Sustainable Futures in Sydney rechnet mit bis zu 20.000 neuen Arbeitsplätzen, die durch den Ausbau erneuerbarer Energien in der Ukraine geschaffen werden könnten, unter anderem durch den Aus- und Neubau von Stromleitungen in die Europäische Union.
Ein Prozent würde das ganze Land versorgen
Für die Studie hat das Forschungsinstitut im Auftrag von Greenpeace Deutschland zwei Szenarien berechnet. Szenario 1 berücksichtigt alle nachhaltig nutzbaren und geologisch geeigneten Flächen des Landes. In Szenario 2 werden nur die geeigneten Flächen berücksichtigt, die maximal zehn Kilometer von der nächsten Hochspannungsleitung entfernt liegen. Das erstaunliche Ergebnis: Für Szenario 1 reichen 0,46 Prozent des Solar- und 0,4 Prozent des Windkraftpotenzials aus, um das gesamte Land mit Strom zu versorgen. Das konservativere Szenario 2 liefert ein kaum weniger beeindruckendes Ergebnis: Auch unter realistischeren Annahmen könnte die Ukraine ihren Strombedarf auf nur einem Prozent der Landesfläche mit Wind- und Sonnenenergie decken.
Interessant ist hierbei auch der Vergleich mit dem Strombedarf europäischer Länder: So liegt der Energieverbrauch in Deutschland gegenwärtig bei etwa 500 Terawattstunden pro Jahr. Das Solarenergiepotenzial der Ukraine alleine übersteigt diesen Bedarf um das 20-fache, selbst im konservativen Szenario 2 ist es noch das Zehnfache des deutschen Verbrauchs.
Die ukrainische Regierung unterschätzt das Potenzial
Mit dem sogenannten Ukraine-Plan will die ukrainische Regierung die Voraussetzungen für einen EU-Beitritt schaffen, unter anderem indem sie ihre eigenen Regelungen denen der Europäischen Union angleicht. Dabei spielt auch der Ausbau Erneuerbarer Energien eine Rolle. Auf den Seiten 211 bis 213 des Dokuments wird das technische Potenzial von Photovoltaikanlagen auf extrem niedrige 83 Gigawatt Leistung beziffert - nach dem realistischen Szenario 2 des Institute For Sustainable Futures liegt aber die konservative potenzielle Leistung bereits bei 5.084 Gigawatt - das ist mehr als das 60-fache.
Diese massive Unterschätzung der Möglichkeiten der Ukraine ist nicht bloß für das Land selbst folgenreich. “Das enorme Potenzial bei Wind- und Solarenergie übersteigt den aktuellen Strombedarf des Landes um nahezu das 150-fache”, sagt Andree Böhling, Greenpeace-Experte für Klima und Energie. Die Rolle der Ukraine als künftiger grüner Energielieferant Europas verdiene daher mehr Aufmerksamkeit von der deutschen Bundesregierung und Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne). „Deutschland sollte sich schon aus ureigenen Interessen hier viel stärker engagieren“, fordert Böhling.
Greenpeace Deutschland und die Umweltstiftung Greenpeace machen sich bereits mit Pilotprojekten für den Ausbau erneuerbarer Energien in der Ukraine stark. Die Zukunft der Ukraine liegt in den erneuerbaren Energien.